Schlechte Umfragewerte bringen Guido Westerwelle unter Druck. Parteiintern kommt Unmut über den Parteichef der Liberalen auf.

Hamburg. Angesichts schlechter Umfragewerte ist erneut eine Diskussion über die Rolle Westerwelles als Parteichef der FDP entbrannt. Sie entwickelt sich mehr und mehr zum Stresstest für den Chefliberalen, der sich zu seiner ersten Auslandsreise nach den Sommerferien auf dem Balkan aufhält.

"Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob es klug war, dass Guido Westerwelle den Parteivorsitz und das Amt des Außenministers übernommen hat", räumte der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, im Abendblatt ein. Der Chef der FDP-Jugendorganisation betonte: "Ich finde aber auch, dass Westerwelle mehr Unterstützung vom Team des Bundesvorstands bekommen sollte." Damit meine er aber nicht Generalsekretär Lindner oder Gesundheitsminister Rösler, weil beide "schon eine hohe Präsenz haben".

Zuvor hatte der Generalsekretär der saarländischen Liberalen, Rüdiger Linsler, der „Saarbrücker Zeitung“ gesagt, er sei der festen Überzeugung, dass Westerwelles Rücktritt vom Amt des Parteichefs ein "notwendiger Schritt" sei. Wenn die FDP auf Bundesebene jetzt nicht die Reißleine ziehe, müssten Landes- und Kommunalpolitiker unter dem Bundestrend leiden. Becker sagte dagegen mit Blick aufs Saarland, es liege die Vermutung nahe, "dass die Landesspitze bloß von ihren eigenen Problemen ablenken will - zum Beispiel in der Bildungspolitik". Die FDP habe kein personelles Problem, sondern ein inhaltliches, sagte Becker: "Wir haben einfach noch keines unserer Ziele erreicht." Schuld daran sei einerseits die mangelnde Führung des Kanzleramts, andererseits der fehlende Mannschaftsgeist in der Regierung. Auch in der FDP mangele es an Geschlossenheit.

Nach einer Forsa-Umfrage für den "Stern" verharren die Werte für die Liberalen mit fünf Prozent im Keller. In den Umfragen zuvor lagen sie sogar nur bei vier Prozent. Der hessische FDP-Chef Jörg Uwe Hahn hatte Westerwelle aufgefordert, sich auf sein Amt als Außenminister zu konzentrieren. "Der Vorsitzende ist in den Augen vieler Mitglieder der Hauptverantwortliche für den Imageverlust", sagte Hahn. Junge-Liberalen-Chef Becker widersprach: Es sei direkt nach der Sommerpause noch zu früh für fundamentale Kritik.

+++ Abendblatt-Interview mit Guido Westerwelle +++

Nach der Kritik aus Hessen und dem Saarland erhielt Westerwelle Solidaritätsbekundungen aus der Bundesregierung und aus mehreren Bundesländern. Bundeswirtschaftsminister und FDP-Vizevorsitzender Rainer Brüderle sagte: "Wir hätten ohne ihn bei der letzten Wahl nicht fast 15 Prozent erreicht." Brüderle appellierte an die Partei, den FDP-Chef zu unterstützen: "Wir stehen in guten Zeiten zusammen und auch in schwierigen."

Unterstützung kam auch von den nordrhein-westfälischen Liberalen. Die NRW-FDP stehe "ohne Wenn und Aber hinter Guido Westerwelle und daran wird sich auch nichts ändern", sagte der Fraktionschef Gerhard Papke dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Der sächsische FDP-Landesvorsitzende Holger Zastrow verteidigte ebenfalls Westerwelle: "Was da aus der saarländischen Provinz hochschwappt, halte ich für anmaßend und eine Frechheit."