Linke-Chef Ernst hatte die Führung von SPD und Grünen eingeladen, um nach der Wahl des Bundespräsidenten einen Neustart zu besprechen.

Frankfurt/Main. Nach der Bundespräsidentenwahl gibt es neben der Koalition auch in der Opposition Bemühungen um Geschlossenheit . Linke-Chef Klaus Ernst lud die Führung von SPD und Grünen zu einem gemeinsamen Oppositions-Gipfel ein: „Auch die Opposition braucht einen Neustart.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel wies die Einladung als „Offenbarungseid und einen Ausdruck äußerster Hilflosigkeit“ zurück. Er forderte die Linke zu einer Klärung ihrer Positionen auf. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach der Linken die Politikfähigkeit ab.

Ernst sagte der „Leipziger Volkszeitung“: „In wichtigen Fragen wie der Verhinderung des Kürzungspakets und der unsozialen Kopfpauschale erwarten die Menschen mehr Geschlossenheit in der Opposition. Darüber müssen wir gemeinsam reden.“ Man könne nun nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. „Die Regierung wackelt. Die Opposition ist zerstritten, weil niemand führt und moderiert.“

Die SPD sei stärkste Oppositionspartei, aber noch nicht im Fünf-Parteien-System angekommen, sagte Ernst. Zu den Vorwürfen an die Linke wegen der Bundespräsidentenwahl sagte Ernst, Rot-Grün solle keine „Geschichtsfälschung betreiben“. Christian Wulff habe im dritten Wahlgang eine eigene schwarz-gelbe Mehrheit gehabt. Weil SPD und Grüne nicht vor der Bundesversammlung ernsthaft mit der Linkspartei gesprochen hätten, „haben SPD und Grüne Wulff zum Amt des Bundespräsidenten verholfen“.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken im Bundestag, Dagmar Enkelmann, warf SPD und Grünen vor, mit der Gauck-Kandidatur ein Zusammengehen der Parteien auf Bundesebene endgültig beendet zu haben. Jetzt versuchten sie, den Linken die Schuld in die Schuhe zu schieben, „dass eine rot-rot-grüne Koalition in weite Ferne gerückt ist“. Mit Gauck sei es SPD und Grünen auch um die Absage einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei gegangen. Laut Enkelmann könnte dies auch Einfluss auf die Wahl Hannelore Krafts zur Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen haben: Ob sie die Stimmen der Linken für eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erhalte, sei inzwischen mehr als fraglich.

Gabriel sagte der „Welt am Sonntag“: „Statt den inneren Kampf zwischen Reformern und Betonkommunisten in der Linkspartei auszutragen, sucht Klaus Ernst mal wieder einen äußeren Feind.“ Ernst und andere hätten nicht den Mut zu klären, für was ihre Partei nun stehen solle: für die Vergangenheit als SED-Nachfolgepartei oder für die Zukunft als demokratische Reformpartei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte, Ernsts Vorschlag müsse man „nicht so ernst nehmen“. Die Linkspartei habe sich mit ihrem Stimmverhalten „völlig isoliert“ und gezeigt, dass sie ihr Verhältnis zur eigenen Geschichte noch nicht geklärt habe.

In der Parteizentrale der Grünen hieß es laut „WamS“, man habe noch keinerlei Einladung der Linken zu einem Gipfeltreffen bekommen. Wenn eine käme, werde man sie prüfen. Im Übrigen finde bereits jetzt ein inhaltlicher Austausch zwischen beiden Parteien statt. Künast sagte allerdings im „Tagesspiegel“, die Linke habe mit ihrer Verweigerung gegenüber Gauck eine rot-rot-grüne Koalition im Bund „in weite Ferne gerückt“. In ihrem jetzigen Zustand sei die Linkspartei „nicht politikfähig“: „Wenn sich daran nichts Grundlegendes ändert, wird sich die Frage einer rot-rot-grünen Regierung im Jahr 2013 nicht stellen.“