Die Justizminister reformieren die Sicherungsverwahrung und suchen außerdem nach Wegen, entlassene Straftäter zu überwachen.

Hamburg. Überall zufriedene Gesichter. Die Justizministerkonferenz sei das "Zentrum der justizpolitischen Debatte" gewesen, bei der parteiübergreifend viel bewegt worden sei, sagte deren Vorsitzender, Hamburgs Senator Till Steffen, gestern zum Abschluss der zweitägigen Tagung. So hatten denn auch der Grünen-Senator Steffen gemeinsam mit seiner CSU-Kollegin aus Bayern, Beate Merk, eine Initiative zur Frauenquote in den Führungsetagen der Unternehmen auf den Weg gebracht. Sie fand eine große Unterstützung. Ebenso wie die Reformvorschläge von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Sicherungsverwahrung. Vor allem auf diesen beiden Feldern soll sich nach dem Willen der 16 Landes- und der Bundesjustizministerin einiges verändern.

Eine Sicherungsverwahrung soll es nur noch dann geben, wenn sie sofort oder vorbehaltlich einer späteren Überprüfung im Urteil vorgesehen ist. Eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, die auch ohne einen im Urteil festgeschriebenen Vorbehalt verhängt werden kann, wenn sich der Täter während der Haft als besonders gefährlich herausstellt, soll abgeschafft werden. Hintergrund der Reform ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Straßburger Richter hatten Deutschland verurteilt, weil ein Straftäter wegen seiner Gefährlichkeit länger als zu der zur Tatzeit geltenden Höchstdauer von zehn Jahren in Sicherungsverwahrung festgehalten worden war. Gestern wurde dieser Raubmörder in Hessen aus der Haft entlassen und nun an einem unbekannten Ort von der Polizei "offen und verdeckt" überwacht.

Bei aller Gemeinsamkeit beharrte aber Beate Merk auf der Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung. "Ich plädiere eindringlich dafür, sie beizubehalten", sagte sie. Sie betreffe nur sehr wenige Straftäter. "Aber diese Menschen sind auf der anderen Seite höchst gefährliche Verbrecher, die nicht beherrschbar sind." Für diese Gruppe dürfe die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht "ohne Not" aufgegeben werden. Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD) machte allerdings deutlich, dass die Sicherungsverwahrung als Möglichkeit, die Bürger vor gefährlichen Tätern zu schützen, weiter ausgebaut werden soll.

Trotz der angeschobenen Reform, die nun zügig in ein Gesetz gefasst werden soll, drohen bundesweit bis zu 100 Freilassungen gefährlicher Täter nach dem Straßburger Urteil. Ein Instrument zur Überwachung ihres Aufenthaltsorts sollen nun elektronische Fußfesseln sein. Damit lässt sich jederzeit der Aufenthaltsort des Überwachten ermitteln. Sollte er ein Verbot haben, sich Kinderspielplätzen zu nähern, könnte die Polizei bei Übertretung sofort einschreiten. Leutheusser-Schnarrenberger machte deutlich, dass eine solche Überwachung nur unter Berücksichtigung aller rechtsstaatlicher Anforderungen eingesetzt werden könne. Dazu zählten etwa eine richterliche Anordnung und eine Einzelfallprüfung. Die Fußfessel ist aber kein Allheilmittel, da sie keine 100-prozentige Sicherheit bietet", sagte Kolb. Sie sei nur ein "hilfreiches Instrument", das die Überwachung ergänzen könne.

Von den bisherigen Instrumenten, mit denen die Frauenquote in den Führungsetagen großer Unternehmen gesteigert werden soll, zeigten sich die Minister enttäuscht. "Trotz Selbstverpflichtung ist nichts passiert", sagte Beate Merk. Deswegen sollen gesetzliche Regelungen für eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen geprüft werden. Merk erinnerte daran, dass in den Aufsichtsräten der 200 größten börsennotierten Firmen unter zehn Prozent der Aufsichtsratsmitglieder Frauen seien, sie würden aber 51 Prozent der Bevölkerung stellen. Dabei würden in Firmen mit hohem Frauenanteil in Top-Positionen die Gewinne steigen. Daher richte sich die Regelung nicht gegen die Wirtschaft. Sie nannte eine mögliche Quote von 15 Prozent, die bis auf 40 Prozent steigen könne.

Ein Erfolg für Hamburg war die große Zustimmung der Ressortchefs für mehr Datenschutz bei Internetprogrammen wie "Google Street View". Einstimmig beschlossen sie, eine Gesetzesinitiative Hamburgs zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes zu unterstützen. "Wir haben eine sehr deutliche Unterstützung von der Konferenz bekommen", sagte Steffen - und zwar dafür, "dass wir eine gesetzliche Regelung für Geodatendienste brauchen". Der Senator wehrte sich gegen den Vorwurf, das Gesetz beziehe sich nur auf das Unternehmen Google, ein "Lex Google". Es gebe längst Unternehmen, die schon weiter seien. Geodatendienste seien ein Zukunftsmarkt, für den es klare Regelungen geben müsse.

Die Justizminister teilten jedoch die Sorge Hamburgs, dass in solchen Diensten die Persönlichkeitsrechte von Menschen erheblich betroffen sein könnten, sagte Steffen. Er verfolgt eine Anonymisierungspflicht für Aufnahmen von Menschen oder Kfz-Kennzeichen sowie die Möglichkeit eines Widerspruchsrechts für Eigentümer, Mieter und Betroffene, die gegen ihren Willen aufgenommen werden.