Ex-Bundesinnenminister hatte gesagt, dass Verena Becker Kontakt zum Verfassungsschutz hatte. Woher er das wusste, wisse er nicht mehr.

Stuttgart. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat vor Gericht seine frühere TV-Äußerung über eine Zusammenarbeit der ehemaligen RAF-Terroristin Verena Becker mit dem Verfassungsschutz relativiert. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart sagte der 79-Jährige am Freitag als Zeuge, er könne nicht mehr sagen, ob er sein entsprechendes „Wissen“ im Amt erlangt habe oder später aus den Medien bezogen habe.

Laut einem früheren „Spiegel“-Bericht soll Becker von Herbst 1981 bis Ende 1983 Kontakte zum Verfassungsschutz gehabt und dem Geheimdienst ihr Wissen über die RAF offenbart haben. Die heute 59-jährige Becker ist wegen Mittäterschaft beim Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977 angeklagt.

Nach Angaben der Nebenklage sagte Baum in der Fernsehsendung „Anne Will“ vom 22. November 2009: „Ich weiß nicht, was in den Akten steht, aber ich weiß, dass Verena Becker mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet hat und nützliche Hinweise gegeben hat, welche weiß ich nicht und (...) man hat ihr sicherlich gesagt, dass man bestimmte Dinge für sich behält und nicht weitergibt.“

Am Freitag erklärte Baum vor Gericht auf die Frage, ob Becker dem Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen geliefert hat: „Ich kann nur sagen, dass ich irgendwoher wusste – als ich die Bemerkung gemacht habe -, dass es da eine Verbindung gegeben hat.“

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Baum konnte in dem Gerichtsverfahren allerdings nur eingeschränkt Aussagen machen. Zwar hatte er vom Bundesinnenministerium eine Aussagegenehmigung erteilt bekommen. Davon ausgenommen waren aber beispielsweise Angaben, die zur Offenlegung der Identität von „Quellen“ von Geheimdiensten führen oder dem „Wohl des Bundes“ schaden könnten. Baum war von 1972 bis 1978 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister.

Becker soll laut „Spiegel“ die „Quelle“ gewesen sein, die Anfang der 1980er Jahre dem Verfassungsschutz sagte, Günter Sonnenberg habe bei dem RAF-Anschlag auf Buback das Motorrad gefahren, Stefan Wisniewski habe vom Soziussitz aus geschossen und Christian Klar habe das Fluchtauto gefahren. Wisnieswki und Sonnenberg wurden jedoch nicht wegen des Attentats verurteilt. Verurteilt wurden vielmehr Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts.

Auf die Frage von Nebenkläger Michael Buback an Baum, ob er die „Quellen“-Information über die drei angeblichen Buback-Täter bekommen habe, sagte der Ex-Minister, er könne sich daran nicht mehr erinnern. „Es schwirrten damals unendliche viele Informationen durch die Luft“, sagte Baum. Das Ziel des Bundesinnenministeriums sei es damals gewesen, durch eine intensive Fahndung weitere Morde der RAF zu verhindern. Bereits verübte Attentate aufzuklären, sei vor allem Aufgabe der Ermittlungsbehörden und der Gerichte gewesen.

Michael Buback verdächtigt Becker, die Todesschützin bei dem Attentat gewesen zu sein. Er ist der Auffassung, dass es eine „schützende Hand“ staatlicher Behörden gegeben habe, die Becker vor einer Strafverfolgung geschützt habe. Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft hat der seit mehr als 70 Verhandlungstagen laufende Prozess jedoch keine belastbaren Hinweise für die Thesen Bubacks erbracht. (dapd)