Fehler bei den Ermittlungen zu rechtsextremer Mordserie belasten den Verfassungsschutz schwer. Debatte um Gelder für NPD und Linkspartei.

Berlin. Im Fall der rechtsextremen Mordserie der Zwickauer Terrorzelle verdichten sich die Hinweise, dass es schwere Ermittlungspannen gegeben hat. Wie der "Spiegel" berichtet, soll die Behörde schon frühzeitig wesentlich mehr Informationen über die Aktivitäten des Terror-Trios aus Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gehabt haben, als bisher bekannt ist. Demnach hätten Beamte bereits im Frühjahr 1999 verlässliche Hinweise darauf gehabt, dass sich Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe im Raum Chemnitz aufgehalten hätten. Ein Jahr zuvor war das Trio untergetaucht.

Auch über Aktionen zur Geldbeschaffung der Gruppe hatte der Verfassungsschutz offenbar detaillierte Kenntnisse. Der "Spiegel" beruft sich auf Informationen aus einem Untersuchungsbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz an die Bundesregierung. Darin werde der derzeit in Untersuchungshaft sitzende Rechtsextremist Ralf Wohlleben belastet. Der aus Thüringen stammende V-Mann Tino Brandt habe dem Verfassungsschutz im April 2001 gemeldet, Wohlleben habe eine Geldspende abgelehnt. Begründet habe er dies damit, dass die Untergetauchten kein Geld mehr bräuchten, weil sie mittlerweile "schon so viele Sachen/Aktionen gemacht" hätten. Zudem sollen die Verfassungsschützer auch gewusst haben, dass das Trio bewaffnete Überfälle plante.

Der Bericht soll außerdem nochmals die diversen Orte auflisten, an denen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sowie deren mutmaßliche Unterstützer um die Jahrtausendwende gesichtet und beobachtet wurden, ohne dass die Ermittler zugegriffen haben. Dem Trio werden neun Morde an Migranten, ein Mord an einer Polizistin sowie zwei Sprengstoffanschläge in Köln zur Last gelegt. Mundlos und Böhnhardt nahmen sich Anfang November das Leben, Zschäpe stellte sich der Polizei. Neben ihr sitzen mehrere mutmaßliche Unterstützer der Zelle in U-Haft.

+++Thüringen für Verbot von NPD+++

+++Mehrheit der Innenminister für NPD-Verbot+++

Nach Ansicht des SPD-Fraktionsgeschäftsführers Thomas Oppermann haben "die Sicherheitsbehörden systematisch versagt". Für den parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, steht vor allem eine Frage im Vordergrund: "Warum wurden die Erkenntnisse nicht unverzüglich an Staatsanwaltschaft und Polizei weitergegeben, damit zumindest aufgrund von Ermittlungen gegen eine kriminelle oder terroristische Vereinigung zugegriffen werden konnte?" Sowohl die SPD als auch die Grünen fordern einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung. Auch die Debatte um ein erneutes Verbotsverfahren und die Bekämpfung der NPD nahm am Wochenende erneut an Fahrt auf.

+++Das Kaleidoskop des rechten Terrors+++

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So dringt die CSU auf eine rasche Grundgesetzänderung, um verfassungsfeindliche Parteien von der gesetzlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. "Der NPD muss sofort der Geldhahn zugedreht werden", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen". CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte in der "Welt", auch die Linke von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Auch unter dem Dach der Linken sammelten sich Elemente und Gruppierungen, die verfassungsfeindlich seien, sagte sie.

Von der Linkspartei kam umgehend Protest. Parteichef Klaus Ernst sagte dem Abendblatt, mit solch einem Vorstoß werde die rechte Gefahr bewusst verharmlost. Es werde "ein Klima geschaffen, in dem sich rechte Gewaltbanden erst recht ermutigt fühlen, unsere Büros zu demolieren und unsere Mitglieder zu bedrohen". Davon abgesehen widerspreche es demokratischen Grundregeln, wenn eine Regierungspartei erwäge, eine demokratische Oppositionspartei mit gesetzlichen Mitteln zu behindern. Hasselfeldts Vorstoß sei "vor allem ein Beleg politischer Unbelehrbarkeit", so Ernst. Der Entzug der Parteienfinanzierung sei zudem nicht das richtige Mittel gegen die NPD. "Da hilft nur ein Verbot, und die CSU muss aufhören, das zu blockieren."