So könnten schwarz-gelbe Vorhaben gestoppt werden. Erst einmal wird weder Minderheitsregierung noch Große Koalition angestrebt.

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen ist eine rot-grüne Minderheitsregierung nicht grundsätzlich vom Tisch. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hält sich diese Option offen, um im Bundesrat schwarz-gelbe Vorhaben zu stoppen – etwa die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. „Es kann Situationen geben, in denen das erforderlich ist, um Schaden vom Land und seinen Bürgern abzuwenden“, sagte Kraft am Montag in Düsseldorf. „Das haben wir sehr wohl im Blick.“ Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn im Bundesrat über eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke entschieden werde.

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel plädiert mit Blick auf den Bundesrat für eine Minderheitsregierung. Wenn der Bundesrat über das Sparpaket der Regierung, längere Atomlaufzeiten oder eine Kopfpauschale abstimme, „müsste man sicher über eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen reden“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ (Montag).

Der SPD-Landesvorstand hatte sich am Freitag dafür ausgesprochen, nicht mit der CDU über eine große Koalition zu verhandeln und derzeit auch keine Minderheitsregierung anzustreben. Der Landesparteirat, das höchste Parteigremium zwischen den Parteitagen, stimmte der Empfehlung am Montagabend in Dortmund einstimmig ohne Enthaltung zu.

Grünen-Faktionschefin Sylvia Löhrmann appellierte an die SPD, die Entscheidung über eine Minderheitsregierung nicht auf die lange Bank zu schieben. „Wenn man diese Lösung ins Visier nimmt, sollte man diesen Schritt zeitnah gehen“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Die Landesverfassung sehe ausdrücklich eine Minderheitsregierung vor. Kraft könne „ohne die Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin gewählt werden und eine Regierung bilden“, heißt es in einem Brief der Grünen-Landesspitze an die Parteibasis. „Diese Möglichkeit werden wir zeitnah sehr gründlich prüfen und konkretisieren.“

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lehnte Neuwahlen ab. Es gebe den Wählerauftrag für eine große Koalition. „Das bestätigen die Umfragen. Man braucht also keine Neuwahlen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). Rüttgers wies Forderungen der SPD zurück, er müsse als eine Voraussetzung für eine große Koalition auf sein Amt verzichten. „Ich habe noch keine Partei gesehen, die eine Regelung für sich akzeptiert, dass der politische Gegner oder der politische Partner festlegen kann, mit welchem Personalangebot man in eine Regierung gehen kann“, sagte Rüttgers im Deutschlandfunk.

CDU und SPD hatten bei der Landtagswahl je 67 Mandate erreicht. Kraft will jetzt mit Gesetzentwürfen und Anträgen SPD-Politik im Landtag durchsetzen. Im WDR-Fernsehen nannte sie die Abschaffung der Studiengebühren, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst und mehr wirtschaftliche Möglichkeiten für die Kommunen. „Dafür brauchen wir nicht einmal die Linke“, sagte Kraft. SPD und Grüne hätten zehn Sitze mehr als CDU und FDP. Rot-grüne Vorhaben könnten daher nur scheitern, wenn die Linke mit Schwarz-Gelb stimme, sagte Kraft. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir unseren Politikwechsel aus dem Parlament heraus gestalten und das werden wir tun“, sagte sie in Dortmund.

Am Montag verschärfte Kraft den Ton gegenüber der CDU. Sie warf der Union vor, ein Gespräch zwischen ihr und dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) falsch darzustellen. Angebliche Zugeständnisse, die die CDU dort laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ gemacht haben soll, habe es nie gegeben. „Das ist schlicht und ergreifend gelogen“, kritisierte Kraft. „Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass die politische Kultur sich dringend ändern muss in diesem Land.“