Über die Reform ist lange gestritten worden. Weil nun eine Grundsatzeinigung gefunden wurde, ist der Weg für die Neuregelung frei.

Berlin. Über die Reform der Jobcenter zur Betreuung von Langzeitarbeitslosen ist seit Jahren gestritten worden. Nach einer Grundsatzeinigung von Union, FDP und SPD aus Bund und Ländern ist der Weg für die Neuregelung nun frei. Der gefundene Kompromiss sieht vor, den Bestand der Jobcenter von Arbeitsagenturen und Kommunen mit einer Grundgesetzänderung abzusichern. Dies hatte vor allem die SPD gefordert. Gleichzeitig soll es mehr Optionskommunen geben können, was ein Wunsch der Union war. Damit ist gesichert, dass die mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger auch künftig nur zu einer Anlaufstelle gehen müssen.

Worum geht es?

Seit der Hartz-IV-Reform Anfang 2005 sind in der Regel die Jobcenter die Adresse für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen. In ihnen arbeiten Mitarbeiter von Arbeitsagentur und Sozialamt unter einem Dach und bieten Hilfe aus einer Hand. Bundesweit gibt es knapp 350 solcher Arbeitsgemeinschaften. Die Union setzte aber durch, dass einige Dutzend Städte und Landkreise die Betreuung und Vermittlung von Hartz-IV-Empfängern in eigener Regie – also ohne Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit – übernehmen dürfen. 69 Optionskommunen wollten dieses Modell sechs Jahre lang bis Ende 2010 testen.

Warum war eine Neuregelung notwendig?

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 die Mischverwaltung in den Jobcentern als verfassungswidrig erklärt. „Arbeitsgemeinschaften widersprechen dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung“, urteilte der Zweite Senat. Der zuständige Verwaltungsträger sei verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Für eine Neuregelung bekam der Gesetzgeber wegen der schwierigen Aufgabe bis Ende 2010 Zeit.

Wie sieht die Lösung aus?

Das Karlsruher Urteil ließ nur zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Zuständigkeiten in den Jobcentern wieder entflochten – oder die Mischverwaltung wird verfassungskonform gemacht. Dafür ist eine Zwei- Drittel-Mehrheit im Bundestag notwendig. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) einigte sich 2009 mit den Länder-Ministerpräsidenten auf eine Grundgesetzänderung, die aber am Veto der Unionsfraktion scheiterte. Seine Nach-Nachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) schlug Anfang 2010 die freiwillige Kooperation von Kommunen und Arbeitsagenturen unter einem Dach vor, wie es Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag vereinbart hatte. Dagegen gingen mehrere Länderchefs – allen voran Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) - auf die Barrikaden.

Worum gab es Streit?

Seit Beginn der Hartz-IV-Reform wird diskutiert, wer die Langzeitarbeitslosen besser betreuen kann: eine zentrale Einheit wie die Bundesagentur für Arbeit oder eine dezentrale Einheit wie die Kommunen. Der Dissens besteht nicht nur zwischen Parteien, sondern auch zwischen Bund und Ländern. Die CDU-Länder setzen auf die rein kommunale Betreuung. Sie wollten am liebsten die Zahl der Optionskommunen freigeben. Die SPD favorisiert das Jobcenter-Modell und wollte eine Ausweitung der Optionskommunen verhindern. Unter wachsendem Zeitdruck und zunehmenden Warnungen vor einem drohenden Verwaltungschaos zulasten der Langzeitarbeitslosen rauften sich nun alle zusammen: Per Grundgesetzänderung wird der Fortbestand der Jobcenter gesichert, die Zahl der Optionskommunen wird begrenzt.

Wie geht es weiter?

Nach der grundsätzlichen Einigung in der interfraktionellen Bund- Länder-Arbeitsgruppe soll an diesem Mittwoch eine Spitzenrunde der Koalition und der SPD den Kompromiss absegnen. Danach sollen die Gesetzentwürfe in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden, damit die Reform fristgerecht Anfang 2011 in Kraft treten kann.