Wirtschaftsforscher Dennis Snower will den Berufseinstieg durch Geldanreize für Unternehmen attraktiver machen.

Hamburg. Trotz einer leichten Erholung der deutschen Wirtschaft wird die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr zunehmen - davon gehen praktisch alle Konjunkturexperten aus. Für Menschen, die ohnehin schon seit Längerem keinen Job mehr haben, ist das eine schlechte Nachricht. Denn damit nehmen die Chancen auf eine neue Anstellung immer weiter ab. Auch aufgeregte Diskussionen auf der politischen Ebene über die Angemessenheit von Hartz IV helfen dem betroffenen Personenkreis nicht weiter. "Wir brauchen nicht mehr Repressionen gegen Arbeitslose oder ein höheres Arbeitslosengeld. Deutschland braucht ein schlüssiges Konzept, wie insbesondere das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft werden kann", meint Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW).

Ein Forscherteam um Snower hat am Dienstag einen Vorschlag hierfür präsentiert. Die Idee: Menschen, die seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftigung sind - in Hamburg betrifft dies mehr als 21 600 Personen, gut ein Viertel aller Arbeitslosen -, bekommen einen Gutschein, dessen Wert mit der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit steigt und der umso höher ist, je niedriger ihre Qualifikation ist. Unternehmen, die diese Personen einstellen, erhalten vom Staat einen Zuschuss, der dem Wert des Gutscheins entspricht, zu den ersten Gehaltszahlungen. "Beschäftigungsgutscheine bieten Arbeitgebern so einen starken finanziellen Anreiz, Langzeitarbeitslosen einen Job anzubieten" sagt Snower. Die Gutscheine könnten sich sogar selbst finanzieren, weil der Staat weniger für die Arbeitslosenunterstützung ausgeben müsse und die Steuereinnahmen anstiegen.

Im Prinzip sei eine derartige Lohnsubventionierung gesamtwirtschaftlich gesehen durchaus sinnvoll, sagt Jörg Hinze, Konjunkturexperte beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Nur kämen die Gutscheine jetzt womöglich zum falschen Zeitpunkt: "Wir sehen in vielen Unternehmen eine Überbeschäftigung - dort muss die Kapazität erst noch an das in der Krise stark gesunkene Produktionsniveau angepasst werden." Somit bestehe die Gefahr von "Mitnahmeeffekten", indem man voll bezahlte Arbeitskräfte durch die subventionierten Langzeitarbeitslosen ersetze.

Ähnlich beurteilt Claus Schäfer, Leiter des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, die Anregung aus Kiel: "Nach dem Auslaufen der Subvention bedankt sich das Unternehmen und die Menschen stehen wieder auf der Straße." Wegen solcher Mitnahmeeffekte hätten Subventionsmodelle dieser Art bisher nur mäßigen Erfolg gehabt, wenn es darum ging, wirklich zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Gegen dieses Argument wenden die IfW-Forscher ein, selbst wenn jemand mit dem Ende der Förderung wieder entlassen werde, habe er sich wieder Arbeitsroutine angeeignet und zudem sei "aus dem ursprünglich Langzeitarbeitslosen ein Kurzzeitarbeitsloser mit einer weitaus höheren Wiedereinstellungswahrscheinlichkeit geworden".

Schäfer sieht den Vorschlag aber noch aus einem anderen, nicht fachlichen Grund kritisch: Wer die Menschen über den Gutschein mit einem konkreten Geldwert verbinde, "reagiert nicht sensibel auf ihre Situation". Der Begriff des Zynismus sei hier nicht völlig von der Hand zu weisen.

Auch Rolf Steil, Leiter der Agentur für Arbeit Hamburg, hat Einwände. "Ich halte das IfW-Modell für nicht ausreichend", sagt Steil, "weil es das strukturelle Problem der mangelnden Qualifizierung vieler Langzeitarbeitsloser nicht löst." Zwar gebe es unter ihnen zum Beispiel auch gut ausgebildete ältere Menschen oder alleinerziehende Frauen. "Aber der größte Teil hat ein Qualifizierungsdefizit", so Steil. Er hält es für sinnvoller, hier Abhilfe zu schaffen - möglichst in Kooperation mit Betrieben, die an diesen Arbeitssuchenden interessiert sein könnten.

Mehr Geld für solche Anstrengungen fordert auch WSI-Forscher Schäfer. Er regt außerdem an, nach dem Muster der früheren ABM-Maßnahmen wieder einen Sektor für öffentliche Arbeit zu schaffen - "aber mit anständiger Bezahlung".