Störer der Linksfraktion wurden des Saales verwiesen, durften aber abstimmen. Präsident Lammert: Regeln gelten für alle.

Berlin. Sie standen auf und hielten die Transparente hoch. Namen standen darauf wie "Hidayatullah Habibullah Bauer, 2 Töchter" und "Kunduz 4.9.2009". Die Aktion der Linken-Fraktion im Bundestag hat die Debatte über das deutsche Afghanistan-Mandat überschattet. Die unerlaubte Demonstration für die Opfer des von der Bundeswehr angeordneten Bombardements endete im Eklat: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) verwies die Störer des Saales. Daraufhin gingen alle Linken-Parlamentarier.

Lammert sagte, Die Linke verstoße gegen eine Vereinbarung aller Fraktionen, wonach Demonstrationen im Plenarsaal mit der Ordnung des Hauses unvereinbar seien. "Im Deutschen Bundestag hat es in allen Legislaturperioden immer einen Konsens darüber gegeben, dass die Regeln dieses Hauses ausnahmslos für alle gelten", sagte Lammert unter lautem Applaus der verbliebenen Parlamentarier.

Der designierte Linke-Chef Klaus Ernst bezeichnete den Ausschluss als "unangemessen". Einen Ausschluss von so vielen Abgeordneten gab es im Bundestag noch nie.

Trotzdem durften die Linken-Abgeordneten abstimmen. Die anderen Fraktionen hatten ihnen das trotz des Rauswurfs zugebilligt. Gegen die Stimmen der Linkspartei beschloss das Parlament mit großer Mehrheit die Erhöhung der Mandatsgrenze um 850 auf 5350 deutsche Soldaten. Die Entwicklungshilfe soll auf 430 Millionen Euro pro Jahr steigen und verdoppelt sich damit annähernd. Das Mandat ist auf zwölf Monate begrenzt. Die zusätzlichen Truppen sollen afghanische Soldaten ausbilden.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die Zustimmung zur neuen Afghanistan-Strategie der Regierung als "Sieg der Verantwortung und der Vernunft" gewertet. Westerwelle sprach von einem "neuen Kapitel in der Afghanistan-Politik". Es handele sich um ein Konzept, das auch bei den Verbündeten und bei den Afghanen auf große Zustimmung treffe. Einen konkreten Termin für den endgültigen Abzug der Bundeswehr nannte er nicht. Die ersten deutschen Soldaten sollen Afghanistan 2011 verlassen.

In namentlicher Abstimmung unterstützten 429 von 586 anwesenden Abgeordneten das neue Mandat, 111 lehnten es ab, 46 enthielten sich der Stimme. Der Bundestag hat seit Dezember 2001 insgesamt zwölfmal über die Beteiligung der Bundeswehr an der Afghanistan-Schutztruppe Isaf abgestimmt. Nur im März 2007 war der Rückhalt für die Mission mit 405 von 573 abgegebenen Stimmen geringer als am Freitag. Von den 16 Neinstimmen aus der SPD kamen diesmal die meisten von ostdeutschen Abgeordneten. Bei den Grünen enthielten sich 35 Fraktionsmitglieder. Lediglich acht votierten mit Ja, 21 mit Nein. Bei der Union stimmten die Abgeordneten Wolfgang Börnsen und Manfred Kolbe mit Nein. Bei der FDP lehnte Fraktionsvize Jürgen Koppelin den Antrag ab. Drei weitere FDP-Parlamentarier enthielten sich.

Die Proteste der Linken riefen gemischte Reaktionen hervor. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Plakataktion einen "Klamauk". Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte: "An manchen ist die Kinderstube in Lichtgeschwindigkeit vorbeigerauscht." Elke Hoff (FDP) nannte es unerträglich, wenn die Linkspolitikerin Christine Buchholz die deutschen Soldaten darstelle, als würden sie "einfach so Zivilisten umbringen". Der Unionspolitiker Jürgen Hardt warf der Linken vor, die zivilen Opfer, die alle beklagten, zu instrumentalisieren. Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele hatte Verständnis. Die Linken des Saales zu verweisen, weil sie an die Opfer in Kundus erinnerten, sei das falsche Signal nach Afghanistan.