Oskar Lafontaines Rückzug hat die Linkspartei erschüttert. Der scheidende Chef sprach nun erstmals offen über ihre Zukunft und seine Krebserkrankung.

Hamburg. Der scheidende Chef der Linken, Oskar Lafontaine, will nicht Ehrenvorsitzender seiner Partei werden. „Das wäre zuviel der Ehre für mich“, sagte er in einem Interview mit dem „stern“. Der Politiker wies zudem Befürchtungen zurück, die Linkspartei könne an seinem Abschied vom Bundesvorsitz zerbrechen. Als ihre größte Schwäche bezeichnete Lafontaine, „dass sie im Westen noch nicht stabil genug ist“. Hier sei noch Aufbauarbeit zu leisten.

Zur Debatte über ein mögliches Zerbrechen der Partei nach seinem Ausscheiden sagte er: „Es gab in der SPD solche Diskussionen nach Willy Brandt und bei den Grünen nach Joschka Fischer. Es ist keine Koketterie, wenn ich sage: Für die Linke sehe ich das auch nicht so dramatisch.“ Die Grünen stünden ohne Fischer heute besser da als zuvor. Als Fraktionschef der Linken im saarländischen Landtag wolle er sich zudem weiter in die Bundespolitik einmischen, wird Lafontaine zitiert.

Skeptisch äußerte sich Lafontaine zu einer möglichen Fusion von SPD und Linkspartei. Er werde sie „wohl kaum“ noch erleben. „Wenn die Programme beider Parteien sich wirklich einmal hinreichend angenähert haben, müssen die dann Verantwortlichen klären, ob es sinnvoll ist, zwei Parteien mit dem gleichen Programm zu haben“, sagte Lafontaine und fügte hinzu: „Aber mehr und mehr komme ich zu der Überzeugung, dass in den westlichen Industriegesellschaften eine Partei links von der Sozialdemokratie notwendig ist.“

Gegenüber dem ehemaligen Bundeskanzler Schröder, wegen dem er 1999 im Streit als Finanzminister zurückgetreten war und die SPD verlassen hatte, zeigte sich Lafontaine versöhnlich und zur Aussprache bereit. „Die Zeit der Verletzung liegt lange zurück“, sagte er. Nachdem ihm dessen Frau Doris Schröder-Köpf vor seiner Krebsoperation öffentlich Genesungswünsche übermittelt hatte, habe er ihr „zurückgeschrieben und gedankt“.

In dem Interview bestätigte Lafontaine, dass ihm bei der OP im November die Prostata entfernt wurde und sein alltägliches Leben dadurch beeinträchtigt sei. Das halte sich jedoch im Rahmen. „Ich kann ohne Probleme noch Reden halten oder Sitzungen durchstehen“, sagte er dem Magazin. Nun müsse „in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, ob da etwas geblieben ist oder nicht“. Das werde zum ersten Mal im Februar geschehen. Anfang 2009 habe er außerdem „Probleme mit dem Herzen“ gehabt und seit September leide er an einer Virus-Infektion der Atemwege, die er bis jetzt nicht in den Griff bekommen habe.

Seit dem Attentat 1990, bei dem ihm eine geistig verwirrte Frau in den Hals gestochen hatte, habe er gedacht: „Wenn mich mal eine Krebserkrankung erwischt, dann höre ich auf.“ Das Attentat habe seine Lebenseinstellung verändert. „Die Grenzerfahrung des Todes ist eine existenzielle Erfahrung, man wird sie nicht los.“ Auf die Frage, ob ihn die Vorstellung an den Tod schrecke, antwortete der 66-Jährige: „Da wir nicht wissen, was nach dem Tod ist, halte ich die Antwort des Sokrates für richtig: Es gibt keinen Grund, vor dem Tod Angst zu haben.“ Wichtig sei, „dass der Tod schnell kommt und schmerzfrei ist“. Jetzt aber wolle er „gesund werden und leben“.