Nachfolge für Oskar Lafontaine und Lothar Bisky geregelt. Neben Gesine Lötzsch und Klaus Ernst als Parteivorsitzende soll es in Zukunft auch zwei Bundesgeschäfts-führer aus Ost und West geben.

Hamburg. Um 3.30 Uhr am Dienstagmorgen hatte die Linkspartei ihre Weichen für die Zukunft gestellt. Wie zuvor erwartet sollen Klaus Ernst und Gesine Lötzsch ab Mai die neue Doppelspitze bei den Linken bilden und damit Nachfolger von Oskar Lafontaine und Lothar Bisky werden.

Die Linke wollte eine schnelle Lösung, und so wurden in der Nacht zu Dienstag alle Landesverbände gehört. Das Votum für das neue Spitzenpersonal sollte einhellig sein und keine weiteren internen Diskussionen nach sich ziehen. Derer hatte die Partei seit der Krebserkrankung Oskar Lafontaines und dessen Machtkampf mit Noch-Bundesgeschäftsführer Bartsch genug ertragen.

Es sei darum gegangen, bei dem Personaltableau einen "guten und fairen Kompromiss" zu finden, sagte Fraktionschef Gregor Gysi dann gestern Mittag und machte mit diesen Worten klar: Die neue Parteispitze ist aus Not geboren. Lötzsch, bislang stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, ist der breiteren Öffentlichkeit vor allem noch aus den Jahren 2002 bis 2005 bekannt, als sie als direkt gewählte Abgeordnete allein mit Petra Pau ganz hinten links im Plenarsaal für die PDS die Stellung hielt. Inzwischen hat Lötzsch ihr Direktmandat in Berlin-Lichtenberg zum dritten Mal hintereinander gewonnen, zuletzt mit 47,5 Prozent. Die Diplom-Lehrerin für Deutsch und Englisch, die 1984 in die SED eintrat, machte sich in den vergangenen Jahren als Haushaltsexpertin einen Namen. In der Führungsdebatte der vergangenen Wochen hielt sie sich auffallend zurück. Ein Umstand, der ihr jetzt einen entscheidenden Vorteil einbrachte. Lötzsch gilt als gute Zuhörerin, die stets auf Ausgleich und Kompromisse bedacht ist.

Wie ein Antipode wirkt da ihr neuer Kovorsitzender Klaus Ernst. Der jetzige Parteivize gehört zur großen Gruppe der Lafontaine-treuen, gewerkschaftlich organisierten Ex-SPD-Mitglieder und WASG-Mitbegründer. Der 55-jährige Diplom-Volkswirt aus Unterfranken ist Lötzsch rhetorisch überlegen und bekannt für seinen Humor und seine Schlagfertigkeit. Mehrmals wurde er als "bajuwarischer Volkstribun" bezeichnet. Während Lötzsch auch im Westen ein hohes Ansehen genießt, muss Ernst die Ostverbände noch davon überzeugen, dass er es ernst meint mit der inhaltlichen und emotionalen Zusammenführung von Ost und West in der Partei.

Ost und West sollen auch in Zukunft in der Bundesgeschäftsführung vertreten sein. Der Vorstand sieht für die Nachfolge von Dietmar Bartsch die sächsische Bundestagsabgeordnete Caren Lay und den aus Hessen stammenden Fraktionsvize im Bundestag, Werner Dreibus, vor. Als stellvertretende Parteivorsitzende wollen Katja Kipping und Halina Wawzyniak in ihrem Ämtern bestätigt werden. Als neue Parteivizes sollen zudem die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht von der zur Partei gehörenden Kommunistischen Plattform und der saarländische Landesvizechef Heinz Bierbaum kandidieren.

Zentrale Figur während der Personalverhandlungen war jedoch Gregor Gysi, der von mehreren Landesverbänden gedrängt wurde, neben dem alleinigen Fraktionsvorsitz im Bundestag auch alleiniger Parteichef zu werden. Doch beide Ämter als Einzelner zu führen, kam für Gysi nicht infrage. Er aber ließ es sich gestern nicht nehmen, quasi als gefühlter Über-Vorsitzender anzukündigen, dass sich die Partei in Zukunft so anti-ideologisch wie möglich geben will. Politiker der Linkspartei sollen demnach künftig während einer Mitgliedschaft im geschäftsführenden Vorstand keine politischen Strömungen mehr repräsentieren. So dürfe dann die für den stellvertretenden Parteivorsitz vorgeschlagene Parteilinke Wagenknecht nicht mehr für die Kommunistische Plattform sprechen und ihre Mitarbeit dort nicht mehr ausüben, solange sie ein führendes Parteiamt innehabe. Gysi sagte zu der neuen Regelung, dass dies aber keine "Lex Wagenknecht" sei.