Der Unmut trifft vor allem die Liberalen. Die CDU will bei ihrer Klausurtagung über Konsequenzen beraten.

Berlin. Die Zahlen kommen ungelegen. Ausgerechnet am Tag vor Beginn der mit Spannung erwarteten CDU-Vorstandsklausur verhagelt die neueste Umfrage der Partei die Stimmung. Erstmals seit der Bundestagswahl im September haben Union und FDP in der Wählergunst keine Mehrheit mehr. Zwar hält sich die Union laut Forsa-Wahltrend weiter bei 35 Prozent, aber der Juniorpartner schwächelt: Im Vergleich zur Vorwoche haben die Liberalen weitere zwei Punkte verloren, sie liegen bei zehn Prozent. SPD, Linke und Grüne kommen gemeinsam auf 47 Prozent. Die Unzufriedenheit mit der Koalition zeigt sich auch in einer weiteren "Stern"-Umfrage, in der die Bürger die Arbeit der Bundesregierung mit Schulnoten bewerten sollten. Im Schnitt gab es eine 3,9 - das heißt "ausreichend".

Die Erkenntnisse der Meinungsforscher dürften die anstehende Debatte um gemachte Fehler und das künftige Profil der CDU zusätzlich anheizen. Parteiinterne Kritiker werfen Angela Merkel vor, es gelinge ihr nicht, die Partei aus ihrem 35-Prozent-Getto zu befreien. Und dass sie nicht in der Lage sei, ihre hohen Popularitätswerte auf die Partei abstrahlen zu lassen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und Parteivize Jürgen Rüttgers (CDU) warnte die Union - und damit indirekt die Kanzlerin - unmittelbar vor Beginn der Klausur davor, Strömungen wie das Konservative zu vernachlässigen. In einem Gastbeitrag für die "Rheinische Post" schrieb Rüttgers, bei der Bundestagswahl habe die CDU weder von der Schwäche der SPD noch von der Popularität der Kanzlerin profitieren können. Mit der FDP in Konkurrenz um dieselben Wähler zu treten sei falsch gewesen.

Angela Merkel kennt und erwartet diese Vorwürfe und hat deshalb Matthias Jung, den Chef der Forschungsgruppe Wahlen, gebeten, das Bundestagswahlergebnis während der Klausur für die Parteispitze zu erläutern. Wie diese Analyse ausfallen wird, hat Jung vorab bereits der "Berliner Zeitung" gesagt: Die interne Kritik, Merkel sei zu liberal und führe zu "präsidial", sei in einer veränderten Gesellschaft "weltfremd". Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe schmetterte den Vorwurf ab, die CDU bediene unter Merkel das Konservative nicht ausreichend. Gröhe verwies gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch, Bundestagsfraktionschef Volker Kauder, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Innenminister Thomas de Maizière und sagte, die stünden in der CDU in der ersten Reihe: "Insofern kann ich die Klage nicht nachvollziehen, wonach sich zu wenige konservative Köpfe in Spitzenfunktionen der Partei wiederfinden", sagte Gröhe.

Dass die Bäume für Konservative in der Union heute nicht mehr in den Himmel wachsen, beweist der Blick auf Bayern. Dort ist die CSU auf 41 Prozent abgerutscht - das sind 1,5 Punkte weniger als bei der Bundestagswahl.