Konnte er überhaupt selbst das Feuer legen, das ihn tötete? Die Bundesrichter haben Zweifel an den Aussagen der Polizisten.

Karlsruhe. Genau fünf Jahre nach dem Brandtod des afrikanischen Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau hat der Bundesgerichtshof die Neuauflage des Strafverfahrens gefordert. Damit hoben die Karlsruher Richter den Freispruch des Landgerichts Dessau-Roßlau für einen Beamten auf, der am Todestag Dienstgruppenleiter im Polizeirevier war.

„Es drängen sich mehrere Fragen auf, die neu verhandelt werden müssen“, sagte die Vorsitzende Richterin Ingeborg Tepperwien. Bereits bei der mündlichen Verhandlung im Dezember hatten die Bundesrichter erhebliche Zweifel an dem Dessauer Urteil erkennen lassen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Polizisten Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Aus ihrer Sicht hatte er nicht schnell genug auf das Signal des Feuermelders in Jallohs Zelle reagiert. Deshalb habe sich der damals freigesprochene Polizeibeamte nicht „pflichtgemäß verhalten“, befand der Bundesgerichtshof.

Auch seien die näheren Umstände, wie der Asylbewerber überhaupt den Brand habe selbst legen können, nicht eindeutig nachgestellt worden. Jalloh war am 7. Januar 2005 an eine Liege gefesselt in der Gewahrsamszelle verbrannt. Nach Darstellung der Polizei soll er das Feuer selbst ausgelöst haben.

Die Polizei hatte Jalloh festgenommen, weil sich Frauen der Stadtreinigung von ihm belästigt gefühlt und das Revier um Hilfe gerufen hatten. Die Beamten nahmen ihn in Gewahrsam, um seine Aufenthaltspapiere zu überprüfen, obwohl er ihnen bekannt war.

Nach einem insgesamt 21 Monate dauernden Gerichtsverfahren hatte das Landgericht im anhaltischen Dessau-Roßlau im Dezember 2008 zwei beteiligte Beamte des Polizeireviers freigesprochen. Im Fall des diensthabenden Vorgesetzten legten daraufhin Staatsanwaltschaft und die Familie des Opfers Berufung beim Bundesgerichtshof ein. Dass das Urteil mit dem fünften Todestag Jallohs zusammenfiel, war nach Angaben der Karlsruher Richter allein Termingründen geschuldet.

Flüchtlingsinitiativen vermuteten hinter dem Vorfall einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Die Internationale Liga für Menschenrechte sprach von „Unregelmäßigkeiten, Lügen, Vertuschungen und Ungereimtheiten“ bei dem ersten Verfahren am Landgericht und verlangte eine lückenlose Aufklärung des Tathergangs. Mit Erleichterung reagierten Freunde und Angehörige von Jalloh. „Es ist ein gerechtes Urteil heute, ich hätte die Richterin für jeden Satz umarmen können“, sagte der Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Yonas Endrias. In Dessau-Roßlau sollte am Donnerstag mit einer Gedenkstunde und einer Kranzniederlegung an den Tod Jallohs erinnert werden. (epd)