Seit Jahresbeginn werden im Rahmen des “Elena“-Verfahrens die Daten von Angestellten zentral gespeichert. Datenschützer laufen Sturm.

Berlin. Die Kritik am neuen Datenerfassungs- und Vernetzungsprogramm "Elena" reißt nicht ab. Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix hat sich vehement gegen die zentrale Speicherung von Arbeitnehmerdaten ausgesprochen. „Ich halte das für eine unverhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung“, sagte Dix am Montag im ARD-Morgenmagazin. Er hoffe sehr, dass das Bundesverfassungsgericht Gelegenheit erhalten werde, das Gesetz zu überprüfen. Die Gewerkschaft ver.di und der Ärzteverband Marburger Bund hatten bereits angekündigt den elektronischen Entgeltnachweis, kurz "Elena rechtlich überprüfen zu lassen.

Was ist "Elena"?

Dix sagte, das Gesetz sehe vor, die Datensätze von 40 Millionen Bundesbürgern auf Vorrat zu speichern: „Erst jetzt wird bekannt, dass zu diesen Datensätzen auch sehr sensitive Informationen wie etwa Abmahnungen, Kündigungsgründe aus Sicht der Arbeitgebers und sogar die Beteiligung an Streiks gemeldet werden sollen.“ Wenn diese Informationen bei Beratung des Gesetzentwurfs bekannt gewesen wären, sei er ziemlich sicher, dass das Gesetz so niemals verabschiedet worden wäre.

Am Wochenende hatten auch die Arbeitgeber "Elena" kritisiert - wenn auch aus anderen Gründen. Das im zentralen Erfassungssystem für Arbeitnehmerdaten steckende "Potenzial zum Bürokratieabbau" werde "leider nur rudimentär genutzt", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Alexander Gunkel, dem "Tagesspiegel". Der zusätzliche Aufwand für die Arbeitgeber stehe bislang in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Während Gewerkschaften und Datenschützer bei "Elena" (Elektronischer Entgeltnachweis) Missbrauch von sensiblen Informationen befürchten, machen die Arbeitgeber einen zu hohen Zusatzaufwand geltend. Seit Jahresbeginn müssen alle Firmen die Einkommensdaten ihrer Beschäftigten elektronisch an eine zentrale Speicherstelle melden. Betroffen sind davon bis zu 40 Millionen Beschäftigte. Bislang seien in das Verfahren aber nur die Angaben für Arbeitslosengeld I, Elterngeld und Wohngeld einbezogen, sagte Gunkel. "Es wäre besser gewesen, wenn man die elektronische Erfassung gleich auf mehr Bescheinigungen ausgeweitet hätte." Die deutschen Arbeitgeber hätten "mehr als 100 Auskunfts-, Melde- und Bescheinigungspflichten gegenüber Behörden". Das liege daran, "dass unser Sozialversicherungsrecht so kompliziert ist".

Gunkel betonte, auch die Arbeitgeber seien an einer Verringerung der vorgeschriebenen Datenweitergabe interessiert. "Wir wollen so wenig Daten wie möglich liefern", sagte Gunkel. "Die Streichung von Überflüssigem würden wir sofort unterstützen." Allerdings müssten die Kritiker schon sagen, welche Daten wegfallen könnten. Für die Gefahr eines Datenmissbrauchs sehe er bislang keine Belege. Es sei gesetzlich festgelegt, dass ein Zugriff auf die Arbeitnehmer-Daten nur mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen dürfe.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bezweifelte gegenüber der Landeszeitung Lüneburg, dass es "verhältnismäßig ist, dass für eine relativ kleine Zahl von Gehaltsnachweisen eine solche Datensammlung stattfindet". Kritik entzündete sich auch daran, dass "Elena" erfasst, wann ein Arbeitnehmer legal oder illegal gestreikt hat, ob er schon einmal eine Abmahnung erhalten hat und was gegebenenfalls Kündigungsgründe waren. Die Gewerkschaft Ver.di hatte sich den Bedenken von Datenschützern angeschlossen. "Ein ursprünglich sinnvolles Projekt wird durch eine aberwitzige Datensammelwut ins absolute Gegenteil verkehrt", sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske. Ver.di prüfe "sämtliche Klagemöglichkeiten gegen diesen Datenkatalog". Inzwischen umfasse die Liste der zu meldenden Daten ganze 41 Seiten.

Das Bundesarbeitsministerium kündigte unterdessen eine Überarbeitung an. "Wir werden nur die zur Berechnung von Sozialleistungen zwingend erforderlichen Informationen speichern. Der entsprechende Datenfragebogen wird in Kürze überarbeitet", sagte ein Sprecher den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Eine direkte Zuordnung von Streiktagen eines Beschäftigten soll dabei unmöglich gemacht werden.