Die Opposition hat Merkels Regierungserklärung mit Spott quittiert. Frank-Walter Steinmeier warf ihr “finanzpolitische Geisterfahrerei“ vor.

Berlin. Die Opposition hat mit harscher Kritik auf die erste Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagiert. Die Koalition habe einen „katastrophalen Fehlstart" hingelegt. „Das eben war keine Regierungserklärung, das war ein Regierungsrätsel. Und Sie kennen die Lösung selbst nicht“, warf SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der Kanzlerin vor. So bleibe rätselhaft, was Union und FDP den Menschen aufbürden wollten, um die versprochenen Steuersenkungen zu finanzieren. Die schwarz-gelbe Bundesregierung betreibe die Spaltung der Gesellschaft und „finanzpolitische Geisterfahrerei“.

Den Koalitionsvertrag kritisierte er als „ein einziges Dokument der Vertagung und der Verunsicherung“. Zu den geplanten Steuersenkungen sagte Steinmeier, damit würden „zusätzliche Schulden in Rekordhöhe“ angehäuft, um „Geschenke an Steuerberater, Ärzte, Erben und Hotelketten“ zu verteilen. Dabei werde zugleich „den Kommunen noch das letzte Hemd genommen“, fügte er mit Blick auf die mit den Entlastungen verbundenen Steuerausfälle hinzu. „Unsere Kinder und Enkel werden diese Zeche bezahlen“, warnte der SPD-Fraktionschef.

Scharf ging Steinmeier auch mit den gesundheitspolitischen Vorhaben von Union und FDP ins Gericht. Durch das geplante Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge würden Risiken durch steigende Kosten einseitig auf die Versicherten verlagert. „Das ist das, was ich Ausstieg aus Solidarität nenne“, sagte der SPD-Fraktionschef und kündigte heftigen Widerstand gegen die Koalitionspläne an.

Die Grünen quittierten Merkels Auftritt mit Spott. Der Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin nannte ihre Regierungserklärung einen „zweiten Aufguss“. Schwarz-Gelb fange nicht neu an, sondern versuche da anzuknüpfen, wofür Helmut Kohl 1998 abgewählt worden sei. So sei im Koalitionsvertrag nicht wirklich etwas entschieden worden. Er warf Schwarz-Gelb „dreifachen Wortbruch“ vor. Das Prinzip „Mehr Netto vom Brutto“ gelte nur für Menschen mit hohen Einkommen, nicht aber für Normal- und Geringverdiener. Das Steuersystem werde nicht etwa einfacher und gerechter, sondern komplizierter und bürokratischer.

Die Linkspartei unterstellte der neuen Bundesregierung Unfähigkeit sowie ein falsches Krisenmanagement. Nach wie vor bestimme die Finanzindustrie die Politik. „Die Banken machen weiter wie bisher, und das ist ein großer Skandal, die nächste Blase wird vorbereitet“, sagte Fraktionschef Oskar Lafontaine. Nicht zuerst die Folgen der internationalen Krise müssten angegangen werden, sondern ihre Ursachen. Die Welt-Finanzmärkte müssten endlich schärfer reguliert werden. Die Kanzlerin habe die wichtigste Aufgabe dieser Zeit nicht erkannt, geschweige denn Lösungsvorschläge gemacht.