Elf Prozent mehr Überwachung bei laufenden Verfahren. Datenschützer nennen den Anstieg „bedauerlich“. Auch Computer sind betroffen.

München. In Deutschland werden nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ immer häufiger Telefone überwacht. 2008 sei die Zahl der Verfahren, in denen Telefongespräche und Computerkommunikation abgehört oder überwacht wurden, um elf Prozent gestiegen. Das gehe aus einer Statistik des Bundesamtes für Justiz hervor, die der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegt.

So habe es im vergangenen Jahr 5348 entsprechende Verfahren gegeben. 2007 seien es 4806 gewesen. Insgesamt 16 463-mal wurden Überwachungen angeordnet. Die Zahlen bezögen sich nur auf Abhörmaßnahmen bei laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren. Lauschangriffe der Polizei zu vorbeugenden Zwecken sowie Eingriffe der Geheimdienste seien in der Statistik nicht enthalten.

In seinem Jahresbericht hatte auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, „erhebliche datenschutzrechtliche Defizite“ bei der geltenden gesetzlichen Regelung der Telefonüberwachung beklagt. Der erneute Anstieg der Überwachungsfälle sei bedauerlich, hieß es laut „SZ“ aus seiner Behörde. Der Katalog derjenigen Straftaten, die Telefonüberwachung rechtfertigen, müsse endlich reduziert werden. Zuletzt sei aber das Gegenteil geschehen.

Die Polizeigewerkschaften haben Kritik an der gestiegenen Zahl der Telefonüberwachungen zurückgewiesen. „Die Polizei braucht das Instrument der Telefonüberwachung bei der Bekämpfung der Schwerkriminalität“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, dem Audiodienst der Deutschen Presse-Agentur dpa. Es gebe keinen Fall des Missbrauchs. Jede Überwachung müsse von einem Richter genehmigt werden. Den Anstieg erklärte Freiberg auch damit, dass Kriminelle mehr Telefone hätten. „Wenn jeder kleine Dealer heute schon drei, vier, fünf Telefone hat, dann steigt auch zwangsläufig die Zahl der Telefonüberwachungen.“