Laut jüngster Forsa-Umfrage könnte es am 27. September zwar für eine schwarz-gelbe Koalition reichen, aber die SPD holt auf.

Berlin. Zehn Tage vor der Bundestagswahl steigt die Nervosität. In der CSU mehrt sich nach dem TV-Duell der Unmut über die Kanzlerin. Angela Merkel müsse in der Wirtschaftspolitik energischer Profil zeigen, heißt es aus München, und Parteichef Seehofer prescht schon mal vor: Er hat für Montag die Präsentation eines eigenen "Wachstumspapiers" angekündigt. Der CSU-Vorsitzende beteuert zwar, dass es sich um "die Verdichtung des gemeinsamen Regierungsprogramms" handele und dass das Papier nur die "inhaltliche Verbindung" zur FPD dokumentieren wolle. In der Schwesterpartei ist man allerdings trotzdem wenig erfreut. Dass CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla den Hauptstadtjournalisten ausgerechnet heute die Steuerpläne der Union noch einmal gründlich erläutern möchte, ist kein Zufall.

Je näher die Wahl rückt, umso mehr kommt in der Union das Trauma von 2005 wieder hoch. Die Angst, dass es für Schwarz-Gelb am Ende wieder nicht reichen könnte. In Bayern hat man deshalb offenbar beschlossen, die Attacken gegen die Liberalen einzustellen. Was mit Schwarz-Gelb nicht kommen dürfe - zum Beispiel ein "neoliberales Streichkonzert" -, das sei inzwischen "ausreichend bekannt", hieß es gestern aus der Parteiführung. Nun sei es an der Zeit, dem Wähler die positiven Dinge mitzuteilen. Und zwar "glasklar".

In der Berliner FDP-Zentrale hat man die neuen Töne gestern zur Kenntnis genommen, überzeugt schien man dort aber keineswegs. Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms meinte gestern, er gehe davon aus, dass die beiden großen Parteien auch über den 27. September hinaus zusammen regieren wollen. "Die Angst vor Veränderungen treibt CDU und SPD einander wieder in die Arme", sagte Solms dem Hamburger Abendblatt. "Wer das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier verfolgt hat, sah ein altes Ehepaar, das beschlossen hatte, die bereits eingereichte Scheidung wieder rückgängig zu machen."

Ole von Beust (CDU) hat diesem Eindruck widersprochen. Gegenüber "Focus"-Online sagte Hamburgs Erster Bürgermeister, er habe keinen Zweifel daran, dass Angela Merkel eine Koalition mit den Liberalen anstrebe. Mit Blick auf das TV-Duell meinte von Beust, Merkel und Steinmeier hätten vier Jahre zusammengearbeitet. "Da kann auch Sympathie entstehen. Es wäre nicht authentisch, jetzt mit Schaum vorm Mund aufzutreten."

Tatsächlich scheint es so, als hätte die als langweilig empfundene Debatte dennoch Wirkung erzielt: In der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage, die Forsa im Auftrag von "Stern" und RTL erhoben hat, konnte die Union um zwei Punkte auf 37 Prozent zulegen, die SPD verbesserte sich sogar um drei Punkte auf 24 Prozent. Im Endeffekt bleibt aber alles beim Alten, weil die FDP von 14 auf 12 Prozent absackte, die Grünen einen Punkt verloren und die Linke gleich vier. Damit kommt Schwarz-Gelb unter dem Strich wieder auf 49 Prozent, das linke Lager liegt weiter bei 45 Prozent.



Auch persönlich konnten Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier punkten. Die Kanzlerin liegt Forsa zufolge jetzt bei 56 Prozent, der Kanzlerkandidat bei 24 Prozent.


Einen weiteren gemeinsamen Fernsehauftritt wird es jedoch nicht mehr geben. Das ZDF hat seine für heute geplante "Berliner Runde" gestrichen. Dass Angela Merkel, die sich morgen der Bundespressekonferenz stellen will, nicht teilnehmen würde, war schon länger bekannt gewesen. Gestern sagte nun auch Frank-Walter Steinmeier ab: Der Außenminister, hieß es in Berlin kühl, sehe keinen Sinn darin, mit dem von der Union für die Sendung nominierten niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff über die Zukunftsfragen des Landes zu debattieren.