SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier dürfte nicht begeistert sein. Finanzminister Peer Steinbrück glaubt nicht mehr an einen SPD-Sieg.

Berlin. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat gut eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner schon verloren gegeben. Die Sozialdemokratie könne nur an der macht bleiben, wenn die große Koalition in der Regierung bleibe, sagte Steinbrück am Dienstag in Hamburg auf einer Veranstaltung des Verlags Gruner + Jahr, die in Auszügen als Video auf dem Internetportal „stern.de“ gezeigt wird. Der Minister geht nach eigenen worten davon aus, dass die Liberalen noch vor der Wahl formal eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen ausschließen würden. „Also geht es für die SPD darum, Schwarz-Gelb zu verhindern; also geht es für die SPD darum, sich in dieser Koalition wiederzufinden“, sagte Steinbrück.

Für die SPD wäre eine Fortsetzung des Bündnisses mit der Union kein Unglück, fügte Steinbrück hinzu. Als risikoreicher für seine Partei bezeichnete er es, in die Opposition zu gehen. Dort drohe ihr ein Überbietungswettbewerb mit der Linkspartei. FDP-Chef Guido Westerwelle hat bislang eine Ampelkoalition weitgehend ausgeschlossen. Kommenden Sonntag soll ein FDP-Parteitag eine Koalitionsaussage treffen. Für die SPD bleibt demnach laut Umfragen als einzige Regierungsalternative neben der Ampelkoalition eine Fortsetzung der großen Koalition: Ein Zusammengehen mit der Linkspartei haben die Sozialdemokraten ausgeschlossen, das favorisierte rot-grüne Bündnis ist weit von einer Regierungsmehrheit entfernt. SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier hat sich gegen eine Fortsetzung der großen Koalition ausgesprochen.

Für seine Ministerkollegen sei eine Fortsetzung der großen Koalition keine Horrorvorstellung, sagte Steinbrück. Nicht sicher sei er, wie dies in den Fraktionen aussehe. Aktiv werben könne die SPD für eine große Koalition aber nicht, da sie in den Wahlkampf mit anderen Zielen gegangen sei. Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast kritisierte den Bundesfinanzminister. „Finanzminister Steinbrück hat sich offenbar auf der Couch von Angela Merkel häuslich eingerichtet.“ Wer mit SPD-Kanzlerkandidat Frank- Walter Steinmeier liebäugele, dem drohe am Ende Merkel. An Steinbrücks Adresse: „Nach seinem Schuldenrekord jetzt die politische Bankrotterklärung.“

Nach cden Worten von Ulrich Maurer Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der Linken macht Steinbrück zwei Dinge deutlich. "Die SPD will den Status Quo, den Kampf für gesellschaftliche Veränderungen hat sie aufgegeben. Das ist ein Offenbarungseid kurz vor der Wahl." Zudem gestehe Steinbrück ein, "worum es vielen in der SPD bei dieser Wahl eigentlich geht: um Machterhalt". Damit schadeten die Sozialdemokraten nicht nur sich selbst, sie würden auch die Glaubwürdigkeit der Politik im Allgemeinen untergraben.