Ökonomen und SPD-Politiker fordern, schnell den Konsum anzuheizen. Doch die Union sperrt sich.

Hamburg/Berlin. Die Debatte um weitere Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur wird immer heftiger geführt. Zahlreiche Reaktionen lösten gestern die in der SPD und bei Ökonomen kursierenden Vorschläge zur massenhaften Verteilung von Konsumgutscheinen aus. Die meisten favorisieren Schecks über 250 Euro.

Ein anderes Modell entwickelte der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach. Es sieht vor, einen Gutschein über 500 Euro an alle erwachsenen Bürger zu verschicken, der acht Wochen lang gültig sein soll. Voraussetzung ist ein Eigenanteil von 200 Euro der Bürger. Für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger sowie für Kinder soll die Zuzahlung entfallen. Lauterbach beziffert die Kosten auf etwa 35 bis 40 Milliarden Euro. SPD-Vize Andrea Nahles unterstützt die Idee, der saarländische SPD-Chef Heiko Maas nannte sie im ZDF "sinnvoll". Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, bestätigte, die Ausgabe von Gutscheinen werde "ernsthaft geprüft", während Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) seinen Sprecher erklären ließ, er warne vor "hektischem Aktionismus".

Zustimmung kam gestern auch vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger. Solche Schecks seien "das beste Mittel", um die Binnennachfrage zu beleben. Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, bezeichnete Gutscheine gegenüber dem Abendblatt als "zweite Wahl". "Wenn man zu lange darüber redet, hören die Leute erst einmal auf zu kaufen und warten ab, bis es diese Scheine gibt. Man müsste sie also schnell einführen. Außerdem müsste man Einkommensgrenzen vorsehen." Zur Stärkung der Nachfrage forderte Lafontaine eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes von 351 auf 435 Euro sowie der Renten um vier Prozent.

Widerstand gegen den Konsumgutschein-Plan kündigte die Unionsfraktion an: "Konsumgutscheine haben in meiner Fraktion keine Chance auf Zustimmung", sagte der finanzpolitische Sprecher Otto Bernhardt dem Abendblatt. "Jährlich müssten für diese Gutscheine 100 Millionen Euro Zinsen gezahlt werden. Das ist für einen einmaligen Effekt ein viel zu hoher Preis, für den selbst unsere Kinder noch finanziell geradestehen müssten." Bernhardt bekräftigte, es sei nötig, bis zum Koalitionsausschuss am 5. Januar abzuwarten, wie sich die Wirtschaft entwickle. Falls nachgesteuert werden müsse, halte er es für besser, "die ohnehin beschlossene steuerliche Absetzbarkeit für Krankenkassenbeiträge auf den Jahresbeginn vorzuziehen". Renate Künast (Grüne) kritisierte den Gutschein-Plan im "Tagesspiegel" als "Irrsinns-Idee".