CDU will mit Modernisierungskurs Wähler gewinnen Nach dem Wahldebakel der CSU in Bayern setzt die CDU auf einen Modernisierungskurs, um neue...

CDU will mit Modernisierungskurs Wähler gewinnen Nach dem Wahldebakel der CSU in Bayern setzt die CDU auf einen Modernisierungskurs, um neue Wählerschichten zu erschließen. "Es geht in unserer Zeit vor allen Dingen darum, den Menschen in der Zeit der Globalisierung Halt zu geben", sagte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gestern in Berlin. Nötig sei, "eine Zukunftsperspektive für die Menschen zu geben". Merkel will die Schwerpunkte im Bundestagswahlkampf bei Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Integration setzen.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lehnte die von verschiedenen Seiten geforderte Konzentration auf die Stammwählerschaft und eine Schärfung des konservativen Profils ab. "Es gibt keine Alternative zur Modernisierung." Ein fertiges Konzept der CDU steht aber noch aus. "Wir wollen die Leistungsträger in Deutschland stärken", kündigte Pofalla an. Auf dem Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart soll über Vorschläge unter dem Motto "Die Mitte stärken" debattiert werden, die möglicherweise auch zusätzliches Geld kosten können. Parteikenner sprechen von einer Gratwanderung für die CDU, denn sie kritisiert die SPD für Vorschläge aus dem "Füllhorn".

Nach Merkels Aussage wird die Union bis zur Bundestagswahl 2009 an der Großen Koalition festhalten. Die Union werde sich dort weiter als stabiler Faktor präsentieren. Sie sprach von "Enttäuschung" nach dem schlechten Abschneiden der CSU. Die Finanzmarkt-Krise werde die Union besonders fordern. Die SPD habe in Bayern gezeigt, dass sie diese Rolle nicht spielen könne.

SPD verzichtet für 2009 auf eine Koalitionsaussage Die SPD will 2009 keinen Lagerwahlkampf führen und auf eine Koalitionsaussage verzichten. Das sei auch eine Konsequenz aus dem Ergebnis der Bayern-Wahl, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nach Beratungen der SPD-Führungsgremien. Seit der Bundestagswahl 2005 habe die Union bundesweit an Stimmen verloren. "Die gesellschaftlichen Erneuerungen der vergangenen zehn Jahre sind auch an Bayern nicht spurlos vorbeigegangen." Doch nicht erst seit der bayerischen Landtagswahl gelte, "dass es für das Projekt Schwarz-Gelb bundesweit keine Mehrheit gibt".

Heil wie auch der Vorsitzende des SPD-Parteirats, Claus Möller, unterstrichen, dass die SPD die Arbeit in der Großen Koalition in Berlin fortführen werde. "Jetzt ist die Zeit des Regierens, insbesondere wegen der Finanzkrise", sagte Heil. Eine "Nagelprobe" für die Arbeitsfähigkeit der Koalition sei die Reform der Erbschaftssteuer. Die SPD werde darauf pochen, dass für die Länder mindestens vier Milliarden Euro an Steuereinnahmen übrig blieben, sagte Möller. Dies sei notwendig, um wichtige Zukunftsinvestitionen zum Beispiel bei der Bildung zu machen. Zum Abschneiden der SPD in Bayern sagte Heil, man habe sich sicherlich ein besseres Ergebnis gewünscht. Die bayerische SPD war am Sonntag auf das schlechteste Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik gefallen. Zuversichtlich stimme aber der SPD-Erfolg bei der Kommunalwahl in Brandenburg.

Westerwelle spürt "enormen Rückenwind" für die FDP Die FDP erwartet nach der Bayern-Wahl einen neuen Schub für eine schwarz-gelbe Mehrheit 2009 auch im Bund. "Wir spüren enormen Rückenwind für die Wahlen im kommenden Jahr", sagte Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle in Berlin nach Sitzungen der FDP-Spitzengremien. Die Freidemokraten hatten am Sonntag in Bayern 8,0 Prozent der Stimmen geholt und sitzen erstmals seit 14 Jahren wieder im Landtag. Die Partei rechnet jetzt mit einem Koalitionsangebot der CSU, die ihre absolute Mehrheit verlor.

Die FDP wäre dann - nach Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen - in einem vierten großen Flächenland in der Regierung und könnte damit die Mehrheiten im Bundesrat stärker beeinflussen. Westerwelle führte die Verluste von CSU und SPD in Bayern darauf zurück, dass Union und Sozialdemokraten eine Regierungspolitik gegen Mittelstand und Mittelschicht machten.

Trotz der großen Stimmengewinne werde die FDP jetzt nicht abheben, sagte Westerwelle: "Wir bleiben am Boden, wir wissen, was auf uns zukommt." FDP-Generalsekretär Dirk Niebel lehnte erneut eine "Regenbogen-Koalition" aller Landtagsparteien in Bayern ohne die CSU ab. Die Freien Wähler bezeichnete er als "diffusen Haufen von ehemaligen CSU-Abweichlern".

Grüne glauben, dass "Angies Thron wackelt" Die Grünen sehen das schlechte CSU-Ergebnis in Bayern auch als Schlappe für die Große Koalition und Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Angies Thron wackelt", meinte Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Die Koalition habe eins "auf den Deckel bekommen". Die Grünen empfänden das Ergebnis als Rückenwind für die Bundestagswahl 2009, die noch längst nicht entschieden sei.

Mit Blick auf die Regierungsbildung in München appellierten Roth und der bayerische Spitzenkandidat Sepp Daxenberger an die FDP, sich an einem Viererbündnis zur Entmachtung der CSU zu beteiligen, statt mit dieser zu koalieren. "Wer mit der CSU ins Bett geht, läuft Gefahr, in den Abwärtsstrudel gezogen zu werden", sagte Daxenberger. Auf Landesebene hätten Grüne und FDP viele Gemeinsamkeiten.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, hatte zuvor schon gesagt, er halte eine christlich-liberale Koalition auf Bundesebene nach der Bundestagswahl für unwahrscheinlich. "Eine schwarz-gelbe Mehrheit in Deutschland ist nicht in Sicht", erklärte Trittin. Auch er plädierte dafür, in Bayern eine Mehrheit "jenseits der CSU" auszuloten.

Linke-Chef Bisky: CSU-"Kreuzzug" verantwortlich für Wahlniederlage Die Linkspartei hat heftige Anfeindungen der CSU im Wahlkampf für ihr Scheitern in Bayern verantwortlich gemacht. "Es wurde ein ohnehin stark verhafteter Antikommunismus mobilisiert", sagte Parteichef Lothar Bisky. Das Abschneiden der Linken wertete er als achtbares Ergebnis: "Wir haben aus dem Stand 4,3 Prozent erreicht. Das hätte uns mancher vor einem Jahr nicht zugetraut."

Der von CSU-Chef Erwin Huber ausgerufene "Kreuzzug" gegen die Linke und die "schamlose Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes" habe Wähler abgeschreckt, sagte Bisky. Viele Kandidaten der Linken würden vom Verfassungsschutz als Extremisten eingestuft. Biskys Stellvertreter Klaus Ernst sagte, der Linken habe es auch an einem ausreichenden Erscheinungsbild gefehlt: "Wir sind in dieser Partei noch nicht überall so flächendeckend aufgestellt, dass wir sichtbare Kandidaten in jedem Ort hätten." Diese "weißen Flecken" müssten künftig aufgefüllt werden.

Bisky unterstrich, die Wahl habe dazu beigetragen, die erst vor einem Jahr in Bayern gegründete Linke bekannter zu machen. "Nächstes Mal werden wir es schaffen." Die Westoffensive sei nicht gestoppt.