BERLIN. Die Absetzung der Mozart-Oper "Indomeneo" ist gestern von Islam-Organisationen in Deutschland fast einhellig verurteilt worden. Religionskritik auf Opernbühnen müsse jede Religion aushalten, sagte der Generalsekretär der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, Oguz Ücüncü, der "Welt". Er halte zwar persönlich von der Inszenierung nicht viel, weil die Originalfassung keinen Bezug zu Buddha, Jesus und Mohammed erkennbar mache. "Aber in die künstlerische Freiheit ist nicht hineinzureden." Die als islamistisch geltende Milli Görüs wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, äußerte die Sorge, dass die Entscheidung der Deutschen Oper den Muslimen in Deutschland schade. Sie stünden jetzt wieder zu Unrecht als intolerant da, obwohl ohne die Absetzung kaum einer von ihnen was von der Inszenierung erfahren hätte, sagte er der "Frankfurter Rundschau". Sen kritisierte zugleich den Islamrats-Vorsitzenden Ali Kizilkaya, der die Absetzung begrüßt hatte, weil sie religiöse Gefühle verletze. Für derlei Auffassungen sei im 21. Jahrhundert "kein Platz mehr, denn die Kunst ist frei", so Sen.

Zugleich wuchs die Kritik am Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD), weil er der Opern-Intendantin Kirsten Harms zur Absage der Aufführung geraten habe, ohne dass Hinweise auf eine konkrete Gefährdung durch Islamisten vorgelegen hätten. Nachdem sich am Vortag bereits Körtings Chef, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) von der Entscheidung distanziert hatte, warf die CDU gestern dem Innensenator vor: "Er hat übertrieben Panik verbreitet und Frau Harms damit in Angst und Schrecken versetzt."

Der Deutsche Bühnenverein kritisierte die Berliner Sicherheitsbehörden ebenfalls scharf. Es sei deren Aufgabe und nicht die der Theater, Gefahrenlage zu beurteilen.