Linkspartei steht vor der Zerreißprobe. Fraktionschef Gregor Gysi fordert Rivalen Oskar Lafontaine und Dietmar Bartsch auf Machtkampf zu beenden.

Berlin. Fraktionschef Gysi sieht nur noch zwei Möglichkeiten: Die Rivalen Lafontaine und Bartsch beenden ihren Machtkampf – oder die Partei zerfällt in zwei Teile. Der quälende Machtkampf bei der Linken spitzt sich zu einer Existenzkrise für die Partei zu. Fraktionschef Gregor Gysi warnte am Mittwoch eindringlich vor einer Spaltung, falls es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung der Führungsfrage kommt. Als Kompromiss schlug er den früheren Vorsitzenden Oskar Lafontaine als Parteichef und den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch als Bundesgeschäftsführer vor. Thüringens Fraktionschef Bodo Ramelow warf dem amtierenden Parteichef Klaus Ernst eine „Schmierenkomödie“ vor.

Vor dem Parteitag Anfang Juni sympathisieren die Ost- Landesverbände mehrheitlich mit Bartsch, die West-Landesverbände sind überwiegend für Lafontaine. Keiner der beiden Widersacher will klein beigeben.

„Der Sieg der einen über die anderen oder umgekehrt ist kein Weg zur Vereinigung, sondern läuft letztlich auf eine Trennung hinaus“, warnte Gysi. Er appellierte an Lafontaine und Bartsch, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. „Oskar Lafontaine müsste auf Dietmar Bartsch zugehen und ihn als Bundesgeschäftsführer vorschlagen und akzeptieren. Und dann müsste Dietmar Bartsch auf Oskar Lafontaine zugehen und ihn als Parteivorsitzenden akzeptieren.“

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Gleichzeitig forderte Gysi die Frauen in der Partei mit Ambitionen auf den Vorsitz auf, ihre Kandidatur zu erklären. „Nach unserem Statut können zwei Frauen Parteivorsitzende werden, auf jeden Fall aber nur ein Mann und gleichberechtigt dazu eine Frau. Es wird Zeit, dass sie sich selbst melden und Ansprüche artikulieren.“

Bartsch hatte seine Kandidatur für den Posten des Parteichefs schon vor einem halben Jahr erklärt. Lafontaine ist zu einer Rückkehr an die Linke-Spitze bereit, will eine Kampfkandidatur gegen Bartsch aber vermeiden. Dieser hat bereits erklärt, dass er sich im neuen Linke-Vorstand Lafontaine nicht unterordnen will.

„Ich sehe keinen Grund dafür, meine Kandidatur zurückzuziehen“, sagte Bartsch am Mittwoch dem Sender „Phoenix“. Gleichzeitig machte er klar, dass es auf das Gesamtpaket ankomme. Er wünsche sich „eine kollektive Führung, in der alle an einem Strang ziehen“.

Thüringens Fraktionschef Bodo Ramelow machte die Berliner Parteispitze für den Führungsstreit verantwortlich. Das Agieren von Parteichef Ernst sei katastrophal. „Er benimmt sich, als wenn er ausschließlich der Pressesprecher von Oskar Lafontaine wäre.“ Ernst hatte zuletzt erklärt, er sehe die Mehrheit der Mitglieder hinter einer Kandidatur Lafontaines. Zudem hätten der Bundesvorsitzende und der Bundesvorstand monatelang keine Gespräche zum Personal geführt.

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Eine viereinhalbstündige Spitzenrunde am Dienstag hatte keine Annäherung in dem Machtkampf gebracht. Für den Posten des Bundesgeschäftsführers bewarb sich am Mittwoch der Vorsitzende der Linkspartei in Sachsen-Anhalt, Matthias Höhn, der zu den Unterstützern Bartschs als Parteichef zählt.

Die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping ist für einen dritten Weg ohne Bartsch und Lafontaine. Es ist auch eine Doppelspitze mit zwei Frauen im Gespräch. Laut Satzung muss mindestens eine Frau dem Führungsduo angehören. Nach dem Rücktritt der bisherigen Vorsitzenden Gesine Lötzsch aus familiären Gründen hat bisher noch keine Frau ihre Kandidatur für die Nachfolge erklärt.

Der neue Vorstand wird am 2. und 3. Juni auf einem Parteitag in Göttingen gewählt. Vorher soll eine weitere Spitzenrunde mit dem geschäftsführenden Bundesvorstand und den Landeschefs beraten. (dpa)