Oskar Lafontaine wollte zu viel und hat alles verloren. Sein Comeback als Linke-Chef ist geplatzt. Jetzt muss er eine bittere Niederlage einstecken.

Berlin. Oskar Lafontaine hat überreizt. Im Machtkampf mit Fraktionsvize Dietmar Bartsch um den Vorsitz der Linken hat er sich überschätzt und muss sich nun geschlagen geben. Am Dienstag erklärte der 68-Jährige seinen Verzicht auf die Kandidatur für den Parteivorsitz auf dem Göttinger Parteitag Anfang Juni - gut eine Woche, nachdem er seinen Hut in den Ring geworfen hatte.

Die Ausgangslage für Lafontaine war zunächst gar nicht schlecht gewesen. Der Gründungsvater der gesamtdeutschen Linken gilt immer noch als Zugpferd der Partei. In seiner Amtszeit als Parteichef zwischen 2007 und 2009 führte er die Linke auf den Höhepunkt des Erfolges. Als er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt abgab, hatte die Partei bei der Bundestagswahl gerade das Rekordergebnis von 11,9 Prozent eingefahren.

Im Ringen um den Parteivorsitz war auch die Riege seiner Unterstützer groß und prominent. Der amtierende Vorsitzende Klaus Ernst schlug ihn für den Posten vor, Fraktionschef Gregor Gysi stand fest hinter ihm, und in den westdeutschen Landesverbänden hatte er breiten Rückhalt. Parteiintern gingen die meisten davon aus, dass er bei einer Kampfkandidatur knapp gegen Bartsch gewinnen würde, dessen Unterstützer vor allem im Osten zu finden sind.

Lafontaine wollte aber zu viel. Den Parteivorsitz wollte er nur übernehmen, wenn er dazu auch die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl 2013 bekommt. Entscheidend für seinen Rückzug war aber, dass er dem anderen Lager keinen Schritt entgegen kommen wollte. Ein Kompromissvorschlag Gysis, nach dem er Vorsitzender und Bartsch Bundesgeschäftsführer werden sollte, schmetterte Lafontaine am Sonntag ab. Gysi wechselte daraufhin das Lager und sagte Bartsch seine Unterstützung zu. Das war's dann.

Besonders bitter für Lafontaine dürfte sein, dass er sich ausgerechnet Bartsch geschlagen geben muss. Vor gut zwei Jahren hatte der Saarländer als Parteichef seinen Bundesgeschäftsführer Bartsch zum Rücktritt gedrängt, weil er eine gezielte Intrige witterte. Das Verhältnis der beiden hat sich seither nicht wieder normalisiert.

Nun scheint der Weg für Bartsch frei zu sein. Ein Konkurrent ist weit und breit nicht in Sicht. Dass der glücklose jetzige Vorsitzende Klaus Ernst noch einmal antritt, gilt als höchst unwahrscheinlich.

Völlig unklar ist noch, welche Frau mit Bartsch die Doppelspitze bilden könnte. Mit dem Rückzug Lafontaines wäre theoretisch ein Führungsduo mit der Lebensgefährtin des 68-Jährigen, Sahra Wagenknecht, denkbar. Auch Wagenknecht dürfte aber weder persönlich noch politisch mit Bartsch harmonieren.

Denkbar ist dagegen, dass die nordrhein-westfälische Landeschefin Katharina Schwabedissen ein Team mit Bartsch bildet. Die 39-jährige hat bereits ihre Bereitschaft zu einer Kandidatur signalisiert. Ein Team Bartsch-Schwabedissen würde dem Ost-West-Proporz gerecht.

Wie auch immer die Vorstandswahlen am 2. und 3. Juni ausgehen, die neuen Vorsitzenden werden einiges zu kitten haben. Die Gräben zwischen Ost und West, Reformern und Dogmatikern sind tiefer denn je. Bartsch steht für einen pragmatischen Kurs, der eine Öffnung zu SPD und Grünen zum Ziel hat. In erster Linie wird er zusammen mit seiner Co-Vorsitzenden aber Integrationsarbeit in seiner eigenen Partei leisten müssen.