Die Grünen wollen sich auf den Konservativen zu bewegen. Die Schweden schätzen Reinfeldts moderaten Kurs, die Wahlbeteiligung stieg.

Stockholm. Die Stirn des schwedischen Regierungschefs Fredrik Reinfeldt (45) ist von Sorgenfalten gezeichnet. Trotz eines glänzenden zweiten Wahlsieges in Folge war dem Konservativen nicht nach Jubeln zumute. Das vor allem ihm zugeschriebene Traumergebnis ist durch den Verlust der absoluten Mehrheit und den Einzug der rechtspopulistischen Schwedendemokraten in den Reichstag arg getrübt.

Dabei hat der Wirtschaftswissenschaftler und hochgewachsene Ex-Basketballer eine für bürgerliche Politiker in Schweden einmalige Leistung hingelegt. Zweimal in Folge konnte er die in Schweden über fast hundert Jahre dominierenden Sozialdemokraten schlagen. Auch ohne sichere Mehrheit kann er im Amt bleiben. Er ist damit weit mehr als die früher übliche „kurze bürgerliche Unterbrechung“ in einer langen Reihe sozialdemokratischer Amtsinhaber.

Obwohl manche Reinfeldt letztlich auch für einen „heimlichen Sozialdemokraten halten. „Wir sind Schwedens einzige Arbeiterpartei“, sagte er im Wahlkampf gleich mehrfach am Tag. Damit signalisierte er erfolgreich, dass sich die Konservativen, die nicht von ungefähr „moderate Sammlungspartei“ genannt werden, als die legitimen und vor allem kompetentesten Erbverwalter des sozialdemokratisch geprägten „Schwedischen Modells“ sehen.

Die Grünen zeigten sich vorsichtig in ihrer Annäherung an Reinfeldt: „Es ist klar, dass wir in dieser Lage miteinander sprechen müssen“, sagte Grünen-Sprecher Peter Eriksson. Reinfeldt wollte sich am Tag nach der Wahl zunächst nicht äußern. Durch den Erfolg der Schwedendemokraten, die vor allem für eine drastische Beschränkung der Zuwanderung eintreten, fehlen Reinfeldt drei Stimmen für die absolute Mehrheit.

Vor seinem triumphalen ersten Wahlsieg 2006 musste er erst mal die eigene Partei von seinem Weg der Mitte überzeugen. Reinfeldt, der wie seine Berliner Kollegin Angela Merkel (CDU) fast nie frontal auf politische Kontrahenten losgeht, hat die ersten vier Regierungsjahre eine eher zurückhaltende Reformpolitik betrieben. Hie ein paar Verschärfungen bei langfristigen Krankschreibungen, da Steuererleichterungen für die arbeitende Bevölkerung. Aber es gab keinen Konfrontationskurs gegenüber den starken schwedischen Gewerkschaften.

Auch die nach europäischen Maßstäben noch sehr liberale schwedische Zuwanderungs- und Asylpolitik behielt Reinfeldt bei. Er setzte sich deutlich von der zunehmend islamfeindlich geprägten Linie im Nachbarland Dänemark ab. Mit den heimischen Rechtspopulisten will er auch in Zukunft nicht zusammenarbeiten. Den Durchbruch zum wirklich populären Regierungschef brachten Reinfeldt sein Krisenmanagement bei der Finanzkrise und der derzeitige Wirtschaftsaufschwung.

Für die Sozialdemokraten sagte Parteichefin Mona Sahlin: „Jetzt wird es ernst, weil wir fremdenfeindliche Kräfte in Schwedens Parlament haben.“ Die Sozialdemokraten haben das skandinavische Land seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts fast immer im Alleingang regiert. Sie wurden jetzt mit einem Minus von 4,1 Prozentpunkten gegenüber 2006 zum haushohen Verlierer dieser Wahl.

Verluste hinnehmen mussten auch die drei kleinen Partner Reinfeldts in seiner „Allianz“-Koalition. Die Liberale Volkspartei verlor 0,4 Prozentpunkte und kam auf 7,1 Prozent. Das Zentrum erhielt 6,6 Prozent (-1,3) und Christdemokraten 5,6 Prozent (-1,0). Die Wahlbeteiligung unter den 7,1 Millionen Stimmberechtigten lag mit 82,1 Prozent über der von 2006 (80,4 Prozent). Wegen der noch nicht abgeschlossenen Auszählung von Briefwahlstimmen aus dem Ausland waren leichte Verschiebungen bei den Ergebnissen und auch bei der Mandatsverteilung noch möglich. Das Endergebnis soll am Mittwoch vorliegen.