Affäre um Ex-Minister setzt Premier Reinfeldt unter Druck

Stockholm. Mitten im schwedischen Parlamentswahlkampf ist der liberal-konservative Premierminister Fredrik Reinfeldt unter erheblichen Druck geraten. Obwohl nicht verwickelt in die Affäre um käuflichen Sex, Lügen und ein Video, muss er das heißeste Thema Schwedens in diesen Tagen womöglich politisch ausbaden. Denn vor der Wahl am 19. September steht er wie ein Mitwisser des Skandals um den zurückgetretenen Arbeitsminister Sven Otto Littorin da.

Littorin hat nach Angaben der Zeitung "Aftonbladet" die Dienste einer Prostituierten in Anspruch genommen. Das ist in Schweden seit 1999 verboten und kann bis zu sechs Monate Haft nach sich ziehen. Die zwei Stunden Sex, für die Littorin 2000 Kronen (gut 200 Euro) bezahlt haben soll, haben angeblich bereits vor vier Jahren stattgefunden. Darüber würde sich kein Schwede mehr echauffieren, wenn nicht Littorin die Medien übel belogen und Ministerpräsident Reinfeldt eingeweiht hätte.

Der Minister hatte sich nach der Trennung von seiner Frau mit ihr einen Sorgerechtsstreit um die drei gemeinsamen Kinder geliefert. Er beschuldigte nach seinem Rücktritt in der vergangenen Woche die Medien, die Kinder bedrängt zu haben, um etwas über die "schmutzige Scheidung" zu erfahren. "Mein Rücktritt hat drei Gründe. Sie heißen Emma, Gustav und Arvid." Dass der eigentliche Grund für den Rücktritt eine Ex-Prostituierte ist, verschwieg er.

Ein Reporter der Zeitung "Aftonbladet" stellte Littorin zur Rede - mit Videokamera. "Stimmt es, dass du Sex von einer bestimmen Person gekauft hast?" Littorin stammelte: "Nein, aber hört bitte auf." Die Zeitung veröffentlichte das Video auf ihrer Internetseite.

Premier Reinfeldt sollen die Vorwürfe gegen Littorin bekannt gewesen sein. Nach einem Bericht der Zeitung "Expressen" ist Littorin psychisch angeschlagen.

Reinfeldt ist Kummer gewohnt. Im November 2007 musste seine Staatssekretärin Ulrica Schenström zurücktreten. "Aftonbladet" hatte Fotos veröffentlicht, die sie und einen Reporter trinkend und turtelnd in einem Lokal zeigten. Dabei hatte sie an besagtem Abend Dienstbereitschaft im Krisenstab.

Ob die Affäre am 19. September einen Wahlsieg der Sozialdemokratin Mona Sahlin befördert, bleibt abzuwarten. Sahlin hat selbst Erfahrungen mit Affären. Die Senkrechtstarterin sollte bereits vor über zehn Jahren Parteichefin der Sozialdemokraten werden. Dann kaufte sie privat mit einer Kreditkarte der Regierung ein: zwei Packungen Toblerone und Windeln. Die Karriere der Abgeordneten bekam einen Knick. Jetzt ist sie 53 und eine ernsthafte Herausforderin für Reinfeldt.