Israelis und Palästinenser kommen in den Gesprächen nicht voran. Von „Verhandlungen“ könne keine Rede sein, heißt es in Scharm el-Scheich.

Scharm el-Scheich. Wie ein missmutiger Großvater, der von seiner Tochter gegen seinen Willen zu einer Familienfeier mitgeschleppt wurde, sitzt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Scharm el-Scheich auf einer Couch. Am anderen Ende der lindgrünen Couch sitzt US-Außenministerin Hillary Clinton, die lächelt, als könnte sie mit ihren Mundwinkeln den Frieden herbeizaubern. Kurz darauf erscheint der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Auch er setzt sein schönstes Siegerlächeln auf.

Nur Abbas, der dieses Jahr seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, schaut noch immer aus wie ein vom Schicksal gebeutelter Verlierer. Clinton hat ihm gerade den Kopf gewaschen, weil er öffentlich damit gedroht hatte, die von ihr vermittelten Friedensverhandlungen mit Israel abzubrechen, falls die Israelis weiter jüdische Siedlungen im Westjordanland bauen.

Abbas und sein Team halten die Verhandlungen für eine Show, in der sie selbst als Statisten auftreten sollen. Dass sie überhaupt daran teilnehmen, hat weniger mit ihrer Hoffnung auf einen Friedensvertrag als damit zu tun, dass die Regierung in Ramallah von der EU und den USA finanziell abhängig ist. Außerdem wollen sie sich nicht nachsagen lassen, sie hätten nicht alles versucht, um sich mit Israel auf eine Zwei-Staaten-Lösung zu einigen – bevor sie dann eventuell nächstes Jahr einseitig die Gründung eines kleinen Palästinenserstaates im Westjordanland verkünden.

„Wir nutzen diese Gelegenheit für Verhandlungen, obwohl die Erfolgschancen sehr gering sind, damit hinterher niemand behaupten kann, wir hätten uns davor gedrückt“, erklärt Mohammed Ischtiah, der zum Verhandlungsteam von Abbas gehört. Von „Verhandlungen“ könne bisher allerdings keine Rede sein, betont er, „bisher geht es nur darum, herauszufinden, wie die Positionen der anderen Seite genau aussehen“.

Die israelische Antwort kam prompt. Netanjahu sprach in Scharm el-Scheich über Sicherheit und darüber, weshalb Abbas anerkennen müsse, dass Israel ein Staat für die Juden sei. Doch selbst wenn er es wollte, wäre Abbas nach internationalem Recht gar nicht in der Lage, die Rechte der in Israel lebenden Araber als Verhandlungsmasse in den Friedensprozess miteinzubeziehen. Aus der israelischen Delegation hieß es, man sei weiterhin daran interessiert, „Kompromisslösungen“ zu finden, damit die Verhandlungen fortgesetzt werden könnten.

Doch selbst die ägyptischen Gastgeber, die sich als Dauer-Vermittler im Nahost-Friedensprozess freuen würden, wenn sie aus Scharm el-Scheich zumindest einen Teilerfolg vermelden könnten, konnten die Israelis damit nicht gewinnen. Sie befürchten, dass Netanjahu nicht bereit ist für eine Friedenslösung auf der Basis des Prinzips „Land gegen Frieden“. Deshalb gab es für Abbas auch von den Ägyptern keine aufmunternden Worte. So bleibt er eingezwängt zwischen der radikalislamischen Palästinenser-Bewegung Hamas und dem Drängen der US-Regierung, die vor den Kongresswahlen einen außenpolitischen Erfolg präsentieren will.