Nur vier Wochen nach seiner Vereidigung durch Präsident Mohammed Mursi will Ägyptens Generalstaatsanwalt Talaat Abdullah zurücktreten.

Kairo. Nur wenige Wochen nach seiner Ernennung durch Präsident Mohammed Mursi hat der ägyptische Generalstaatsanwalt seinen Rücktritt erklärt. Der Generalstaatsanwalt werde seinen Rücktritt am Sonntag beim Obersten Justizrat einreichen, sagte sein Stellvertreter Abdel Al-Said in Kairo. Am Tag zuvor endet das Verfassungsreferendum.

Mit seinem Rücktrittsgesuch beugt sich Abdullah offenbar dem Druck der Staatsanwaltschaft, die seine Ernennung und die Entlassung seines Vorgängers durch Mursi als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz wertet. Außerdem sah die Richterschaft darin eine Erweiterung der präsidialen Kompetenzen.

Am Montag hatten Hunderte Staatsanwälte vor Abdullahs Büro in Kairo einen Sitzstreik abgehalten und dessen Rückzug gefordert. Die Demonstranten argumentierten, Abdullah hätte vom Obersten Richterrat ernannt werden sollen, um die Gewaltenteilung zu wahren.

Sollte dem Rückzug von Abdullah stattgegeben werden, wäre das ein schwerer Schlag für Mursi. Der Staatschef liefert sich seit Ende November einen erbitterten Machtkampf mit der ägyptischen Justiz.

Abdullahs Vorgänger Abdel Maguid Mahmud wurde vom gestürzten Präsidenten Husni Mubarak ernannt und hatte das Amt mehr als ein Jahrzehnt inne. Mursi versuchte zunächst im Oktober, Mahmud zu entlassen. Er musste seine Entscheidung jedoch zurückziehen, nachdem er festgestellt hatte, dass er als Präsident dazu nicht die Kompetenz hat. Erst mit umstrittenen Dekreten, die er Ende November erließ, konnte Mursi schließlich Abdullah nominieren.

Richter nehmen an Volksabstimmung nicht mehr teil

Derweil haben die Richter des Staatsrates erklärt, bei der zweiten Runde des Verfassungsreferendums nicht mehr Aufsicht führen zu wollen. Das teilte die Berufsvereinigung der Richter des Staatsrates am Montagabend in Kairo mit. Sie begründete dies damit, dass es bei der ersten Runde am vergangenen Sonnabend keine ausreichenden Vorkehrungen für einen sicheren und geordneten Ablauf der Abstimmung gegeben habe. Außerdem sei ihre Forderung nach einer Beendigung des Dauerprotests der Islamisten vor dem Gebäude des Verfassungsgerichts nicht erfüllt worden.

Damit dürfte es für die regierenden Islamisten noch schwerer werden, genügend Richter aufzubieten, um die Volksabstimmung am kommenden Sonnabend in 17 Provinzen zu beaufsichtigen. Schon bei der ersten Runde in Kairo und neun weiteren Provinzen hatten sich Wähler in einigen Bezirken darüber beschwert, dass der Leiter der Abstimmung in ihrem Wahllokal kein Richter gewesen sei. Die Mehrheit der Richter des Landes hatte den Urnengang boykottiert.

Nach der ersten Runde zeichnet sich eine Mehrheit für den umstrittenen Verfassungsentwurf ab, der von den Islamisten erarbeitet worden war. Oppositionelle hatten nach der Abstimmung über Manipulation und Fälschung durch die Islamisten geklagt.