Prognosen von Medien und Muslimbruderschaft reichen bis zu 59 Prozent Ja-Stimmen. Wahlbeteiligung aber niedriger als erwartet.

Istanbul/Kairo. In Ägypten zeichnet sich nach dem ersten Wahlgang eine Mehrheit für den umstrittenen Verfassungsentwurf ab. Das geht aus inoffiziellen Ergebnissen hervor, die am Sonntag veröffentlicht wurden. Die Zahlen gingen allerdings auseinander: So berichtete die staatliche Zeitung „Al-Akhbar“ von 59 Prozent Ja-Stimmen, die Zeitung „Al-Ahram“ von 56,5 Prozent. Die Wähler in der Hauptstadt Kairo stimmten nach vorläufigen Ergebnissen, die die Muslimbruderschaft sowie mehrere arabische Medien veröffentlichten, mehrheitlich mit Nein.

Nach Angaben der Partei des Präsidenten Mohammed Mursi haben sich insgesamt knapp 57 Prozent der Wähler für den Verfassungsentwurf ausgesprochen, rund 43 Prozent dagegen. Das teilte die islamistische Muslimbruderschaft am Sonntag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei rund 32 Prozent.

In der Provinz Gharbija habe eine knappe Mehrheit gegen den Entwurf gestimmt. Dort liegt auch die Industriestadt Mahalla, wo die Opposition sehr stark ist. In den restlichen acht Provinzen - darunter auch Alexandria, die Sinai-Halbinsel und Assuan – votierten die meisten Wähler nach den von der Muslimbruderschaft auf der Internetseite ihrer Partei „Freiheit und Gerechtigkeit“ veröffentlichten Angaben mit Ja. Offizielle Ergebnisse sollen erst nach der zweiten Runde am 22. Dezember bekanntgegeben werden.

Die Zeitung „Al-Ahram“ ging von einer Wahlbeteiligung von 33 Prozent aus. Am Sonnabend war in zehn der 27 Provinzen des Landes über den von den Islamisten ausgearbeiteten Verfassungsentwurf abgestimmt worden. Vor den Wahllokalen hatten sich lange Warteschlangen gebildet. Die Wahlkommission hatte daher eine Beteiligung von mehr als 50 Prozent vorausgesagt.

In den übrigen Provinzen findet die Abstimmung am 22. Dezember statt. Die oppositionelle Nationale Heilsfront hat ihre Anhänger aufgerufen, bei dem Referendum gegen den Verfassungsentwurf zu stimmen. Der Verfassungsprozess hat das bevölkerungsreichste arabische Land tief gespalten. Die Opposition wirft den Islamisten vor, sie wollten Ägypten in Richtung Gottesstaat lenken.