Brutale Verhöre und simuliertes Ertrinken: Die US-Ermittler wollten bei den Gefangenen “Grauen erzeugen“. US-Präsident Obama will Mitarbeiter des Geheimdienstes CIA nicht für Folterverhöre zur Verantwortung ziehen. Interne Memos der Bush-Regierung belegen 14 gewalttätige Praktiken.

Washington. Keine Strafe für staatliche Folter? Die von US-Präsident Barack Obama angekündigte Straffreiheit hat einen Sturm der Entrüstung auch unter seinen Anhängern ausgelöst. Obama will Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA nicht für Folterverhöre vor Gericht zur Verantwortung ziehen. Wer "seine Pflicht im guten Glauben in den Rat des Justizministeriums erfüllt hat", habe keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten, erklärte Obama.

Nach jetzt veröffentlichten internen Memoranden aus der Regierungszeit von Präsident George W. Bush haben Regierungsmitarbeiter Gefangene brutal verhört und damit gefoltert. Zu den Methoden gehörte auch das Waterboarding, das simulierte Ertränken Gefangener. Dabei wird einem Gefangenen, der auf einer nach unten geneigten Bank gefesselt ist, ein nasses Tuch über das gesamte Gesicht gezogen. Das Gefühl des Erstickens wird dadurch erzeugt, dass Wasser auf das Tuch nachgegossen wird. Dadurch steigt der Kohlendioxid-Gehalt im Blut des Verdächtigen. Er schnappt nach Luft.

Obama sagte, die USA seien "durch ein dunkles und schmerzliches Kapitel" ihrer Geschichte gegangen. Damit spielte er auf den 11. September 2001 und die Zeit der Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen in Afghanistan und im Irak an. "Aber dies ist eine Zeit des Nachdenkens, nicht der Vergeltung." Es sei nichts damit gewonnen, Zeit und Energie für Beschuldigungen aus der Vergangenheit aufzuwenden. Die Mitarbeiter der Geheimdienste erfüllten ihre Pflicht "mutig an den Frontlinien einer gefährlichen Welt". Ihre Identitäten müssten genauso geschützt werden, wie sie die Sicherheit des Landes schützten.

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU nannte die Auffassung der Obama-Regierung "schlicht unhaltbar". Wenn Verbrechen begangen worden seien, müssten die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden. "Es kann keine Entschuldigung dafür geben, dass eine strafrechtliche Verfolgung von Beamten, die Folter autorisierten, von Anwälten, die dies rechtfertigten und von Mitarbeitern, die bei Verhören das Gesetz gebrochen haben, unterbleibt", erklärte ACLU-Direktor Anthony Romero.

In den vier Memos der Bush-Regierung, die aus den Jahren 2002 und 2005 stammten, werden detailliert 14 Verhörmethoden beschrieben und mit juristischen Rechtfertigungen versehen. Gebilligt wurden demnach Methoden wie Gefangene gegen eine Wand zu schleudern, sie nackt auszuziehen, um "psychologisches Unbehagen" auszulösen, sie mit eiskaltem Wasser zu traktieren und Schlafentzug für mehr als 48 Stunden. Auch leichte Schläge ins Gesicht und in die Weichteile zählten zum genehmigten Instrumentarium während der Verhöre. Ziel sei es gewesen, "Grauen" zu erregen, heißt es in einer Fußnote.

Die Dokumente sind nur minimal zensiert, was nach Ansicht der "New York Times" belegt, dass Obama sich gegen CIA-Mitarbeiter durchsetzte, die sich gegen eine Veröffentlichung aussprachen. CIA-Chef Leon Panetta selbst hatte gewarnt, dass mit dem Schritt ein gefährliches Beispiel für künftige Veröffentlichungen über geheime Quellen und Methoden gesetzt werde.

Die CIA hatte bereits zuvor eingeräumt, bei mindestens drei Gefangenen das Waterboarding angewendet zu haben, darunter auch gegen den mutmaßlichen Chefplaner der Anschläge von 11. September 2001, Chalid Scheich Mohammed. Obama hatte die Verhörmethode kurz nach seinem Amtsantritt im Januar untersagt und auch angekündigt, dass mit geheimen CIA-Gefängnissen Schluss sein soll.