Atomstreit steckt in Sackgasse. Zweite Reihe der Verhandler soll Bewegung in Gespräche bringen. Viele halten Treffen für Alibi-Veranstaltung.

Istanbul/Teheran. Im Streit um das iranische Atomprogramm werden die stockenden Gespräche an diesem Dienstag in Istanbul auf Arbeitsebene fortgesetzt. Die Verhandlungen zwischen dem Iran und der sogenannten 5+1 Gruppe – China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA – waren Mitte Juni nach einem Treffen in Moskau auf Eis gelegt worden. Beide Seiten konnten sich erneut nicht auf Kompromisse einigen. Die beiden Verhandlungsführer, die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Irans Atom-Chefunterhändler Said Dschalili, beschlossen daraufhin, die Verhandlungen vorläufig auf Experten-Niveau fortzusetzen. Deshalb treffen sich nun Helga Schmid, die Stellvertreterin Ashtons, und der iranische Vize-Unterhändler Ali Bakeri.

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Im Idealfall könnten die beiden Vizes in Istanbul eine Agenda für die nächste Verhandlungsrunde zwischen Ashton und Dschalili verabreden. Allerdings hat sich seit dem gescheiterten Moskau-Treffen nicht viel geändert: Die Weltmächte verlangen weiterhin eine Einstellung der iranischen Urananreicherung und die Schließung der neuen Anreicherungsanlage Fordo südlich der Hauptstadt Teheran.

Iran lehnt beide Forderungen strikt ab und bleibt bei seiner Hauptforderung: Das Recht des Gottesstaates auf ein ziviles Atomprogramm sollte anerkannt und bestehende Sanktionen aufgehoben werden. Erst dann würde Teheran über Kompromisse verhandeln. Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Atomforschung die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Teheran bestreitet das.

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Auch eine Einigung über ein weiteres Treffen auf Top-Level könnte nicht als Durchbruch gewertet werden. US-Außenministerin Hillary Clinton bezeichnete die iranischen Vorschläge bei den Atomgesprächen als „Rohrkrepierer“. Auch aus Teheran gab es in der vergangenen Woche wieder Drohungen. Sollte der Westen weiterhin Druck ausüben, werde der Iran Öltransporte in Richtung Europa durch die strategisch wichtige Straße von Hormus am Persischen Golf verbieten.

Über die bevorstehenden Gespräche in Istanbul wurde weder in türkischen noch in iranischen Medien berichtet. Auch Ort und Uhrzeit des Treffens wurden nicht bekannt gegeben. Daher werden die Verhandlungen von Beobachtern auch als ein Alibi-Treffen eingestuft, um den Eindruck zu verhindern, die Atomverhandlungen könnten bereits endgültig gescheitert sein. Damit wird versucht, zumindest vorläufig eine militärische Eskalation der Krise, besonders seitens Israel, zu verhindern.