Die Beobachter der Arabischen Liga berichten von keinen besorgniserregenden Geschehnissen. Bewohner von Homs sind verärgert.

Beirut. Die Proteste und Vorwürfe der Einwohner der syrischen Protesthochburg Homs waren immens als die Beobachter der Arabischen Liga die Stadt besuchten. Sie hätten keine besorgniserregenden Entdeckungen gemacht, hieß es. "Einige Plätze sehen ein bisschen durcheinander aus, aber ansonsten gibt es nichts Beängstigendes“, sagte der Chef der Beobachtergruppe, der sudanesische General Mustafa Dabi, nach der kurzen Visite am Mittwoch. Er beschrieb die Lage als ruhig, berichtete von einigen gepanzerten Fahrzeugen auf den Straßen und räumte ein, dass weitere Ermittlungen nötig seien. Die Beobachter würden noch längere Zeit in Syrien bleiben.

Frankreich bezeichnete die Äußerungen Dabis als verfrüht. "Aufgrund der Kürze ihres Aufenthaltes konnten sie gestern nicht die Realität in Homs erkennen“, sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums. Die Delegierten müssten schnell nach Homs zurückkehren, sich frei bewegen dürfen und den notwendigen Kontakt mit der Bevölkerung erhalten. Russland, das zu den wenigen verbliebenen Verbündeten Syriens zählt, verlangte freien Zugang für die Gesandten. "Die Mission muss alle Teile des Landes, jede Stadt und jedes Dorf besuchen und sich ihre eigene unabhängige und objektive Meinung über die Lage bilden dürfen,“ sagte Außenminister Sergej Lawrow.

+++ Human Rights Watch wirft Syrien Täuschung vor +++

+++ "Nur Verrückte lassen auf ihr Volk schießen" +++

+++ Berlin: Mitglied des syrischen Nationalrats überfallen +++

Nach Berichten von Menschenrechtsgruppen gingen die Sicherheitskräfte in Homs besonders hart gegen Oppositionelle vor. Teile der Stadt seien mit Panzern beschossen worden. Dort habe es zahlreiche Tote gegeben. Menschenrechtler schätzen, dass etwa ein Drittel der mehr als 5000 Todesopfer seit Beginn der Proteste im März in Homs zu beklagen seien. In der Stadt Hama, die rund 240 Kilometer nördlich von Damaskus liegt, sollen am Mittwoch bei einem Schusswechsel zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften sieben Menschen verletzt worden sein.

Die Einschätzung der Beobachter schon nach einem sehr kurzen Besuch in Homs weckte bei den Bewohnern der Stadt Befürchtungen, dass ihr Schicksal nicht ernst genommen wird. "Ich habe das Gefühl, sie haben das, was sie gesehen haben, nicht richtig anerkannt“, sagte ein Bewohner. Vielleicht hätten die Beobachter die Order erhalten, kein Mitgefühl zu zeigen. Sie seien auch nicht sehr interessiert gewesen, den Leuten zuzuhören. "Wir haben unsere ganze Hoffnung in die Arabische Liga gesetzt“, sagte ein Mann. Im Internet wurde ein Video veröffentlicht, auf dem aufgebrachte Menschen den Beobachtern zurufen: „Kommt und schaut euch das an, sie schlachten uns ab, ich schwöre es.“

Oppositionelle Aktivisten berichten aus Syrien, die Armee habe Panzer aus Homs abgezogen, bevor die Beobachter eingetroffen seien. Kritik äußerten sie an der Einsetzung Dabis als Chef der Beobachtergruppe. Dabi war auch im Konflikt in der sudanesischen Region Darfur eingesetzt. Da der Sudan nicht an einer Aufklärung der Vorgänge in Dafur interessiert sei und das Kriegsverbrechertribunal ablehne, sei es unwahrscheinlich, dass die Beobachter harte Maßnahmen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad empfehlen würden, sagten sie.

Die USA forderten Syrien zu einer umfangreichen Zusammenarbeit mit den Beobachtern auf. „Sollte das syrische Regime weiterhin Widerstand gegen die Bemühungen der Arabischen Liga leisten oder sie ignorieren, dann wird die internationale Gemeinschaft andere Mittel zum Schutz syrischer Zivilisten in Betracht ziehen“, erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Er sagte nicht, welche Maßnahmen in Frage kämen. Syrische Oppositionelle haben die internationale Gemeinschaft aufgefordert, dem Beispiel in Libyen zu folgen und Schutzzonen einzurichten. In dem nordafrikanischen Land setzte die Nato die vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Flugverbotszonen mit Luftangriffen durch.

Die syrische Regierung entließ einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge unterdessen rund 750 Menschen, die während er Proteste der vergangenen Monate verhaftet worden waren.

In Berlin löste der Überfall auf einen syrisch-stämmigen Grünen-Politiker diplomatische Verwicklungen aus. Das Auswärtige Amt verurteilte jeden Versuch der Einschüchterung von oppositionellen Ausland-Syrern. Dem syrischen Botschafter sei bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt am Mittwoch verdeutlicht worden, dass die Androhung von Gewalt oder Einschüchterungsversuche gegen syrische Oppositionelle in Deutschland „in keinster Weise geduldet“ würden, teilte das Außenamt mit. Wenn Derartiges vorkomme, werde man „die notwendigen Konsequenzen ziehen“, die nach Angaben eines Sprechers bis hin zur Ausweisung von Diplomaten reichen könnten.

Der Grünen-Politiker Ferhad Ahma war in der Nacht zum Montag nach eigenen Angaben in seiner Wohnung von zwei Männern zusammengeschlagen worden, die sich als Polizisten ausgegeben hatten. Die Grünen und Ahma verdächtigen als Drahtzieher den syrischen Geheimdienst.