Papandreou tritt zurück, die Parteien einigen sich auf eine Übergangsregierung. Wer diese als neuer Ministerpräsident leiten wird, ist unklar.

Athen. Eklat beim Ringen um den neuen Regierungschef in Griechenland: Trotz eines drohenden Staatsbankrotts haben die regierenden Sozialisten sich mit den Konservativen am Mittwoch nicht auf einen Ministerpräsidenten für eine gemeinsame Notregierung verständigen können. Ein Treffen von Staatspräsident Karolos Papoulias mit den Parteiführern brachte am Abend keine Einigung. Wie der staatliche Fernsehen NET berichtete, sollten die Beratungen am Donnerstag fortgesetzt werden.

Der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte zuvor seinen Rücktritt angekündet, um den Weg für eine „Regierung der nationalen Einheit“ freizumachen. Als aussichtsreichste Kandidaten für das Amt des Regierungschefs wurden der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, und der amtierende Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos gehandelt.

Papandreou hatte zuvor in einer bewegten TV-Ansprache verkündet: „Wir tun unsere Kräfte zusammen, damit wir in der Euro-Zone bleiben können.“ Er bezeichnete die Bildung einer gemeinsamen Regierung von Sozialisten und Konservativen als ein „historisches Übereinkommen“. Für Griechenland beginne damit eine „neue Ära“. Papandreous Rücktritt sollte den Weg zur Einsetzung einer Notregierung freimachen, die Griechenland vor der Pleite bewahren und aus der Krise führen soll. Sie soll das internationale Hilfsprogramm für Griechenland unter Dach und Fach bringen.

Nach Darstellung der Sozialisten (PASOK) soll die konservative Nea Dimokratia (ND) den Finanzexperten Papademus als Regierungschef abgelehnt haben. Die ND bestritt diese Version. „Das Problem liegt nicht bei uns“, sagte der ND-Chef Antonis Samaras. Parlamentspräsident Petsalnikos, ein Gründungsmitglied der PASOK, stieß in seiner eigenen Partei auf Vorbehalte. Führende PASOK-Mitglieder wandten nach Medienberichten ein, Petsalnikos sei international kaum bekannt und verfüge nicht über die politische Statur, um Griechenland aus der Krise zu führen.

Das Tauziehen um die Bildung der Übergangsregierung schien am Dienstag eigentlich schon zugunsten von Papademos entschieden zu sein. Dann sorgten jedoch immer neue Komplikationen in den Verhandlungen für weitere Verzögerungen.

Papademos soll nach übereinstimmenden Informationen der griechischen Presse darauf bestanden haben, die volle Kontrolle über seine Regierung zu haben und nicht ein „ferngesteuerter“ Ministerpräsident der beiden großen Parteien des Landes zu werden. Zudem soll er mehr Zeit gefordert haben, um das komplizierte Spar- und Stabilisierungsprogramm in die Tat umzusetzen. Papademos monierte diesen Berichten zufolge, das Programm könne nicht bis zum vorläufigen Datum der Neuwahlen am 19. Februar umgesetzt werden.

Er wünsche seinem Nachfolger im Ministerpräsidentenamt alles Gute, sagte der 59-jährige Papandreou. Aus Kreisen der beiden Großparteien verlautete, dass neben dem Favoriten für den Posten des Ministerpräsidenten – dem früheren Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos – ein weiterer Kandidat in der engeren Auswahl stehe: der derzeitige Parlamentspräsident und frühere Minister Philippos Petsalnikos.

Über die Regelung seines Nachfolgers sagte Papandreou: „Ich glaube, dass die Wahl die wir getroffen haben, in Einklang mit den Institutionen steht und die demokratischen Institutionen unterstützen wird.“

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Die beiden großen Parteien, die Sozialisten und die konservative Neue Demokratie, sind traditionell tief zerstritten. Sie haben seit der Beendigung der Monarchie im Jahre 1974 nur selten zusammengearbeitet. Der stellvertretende griechische Regierungssprecher Angelos Tolkos versprach am Mittwoch, die Zusammensetzung der neuen Regierung werde im Laufe des Tages bekannt gegeben. Er ließ aber nicht erkennen, wer der neue Ministerpräsident sein werde. Ähnliche Äußerungen waren bereits am Dienstag gemacht worden. "Dieser Vorgang ist neu für das Land“, sagte Tolkas dem Fernsehsender Skai. "Daher denke ich, dass drei Tage eine vertretbare Zeit für Verhandlungen darstellen, in denen jede Seite die nötigen Zugeständnisse machen muss.“

Mit Material von dpa, dapd und rtr