Ein Militärschlag Israels gegen das iranische Atomprogramm wird nach Einschätzung von Präsident Schimon Peres immer wahrscheinlicher.

Tel Aviv/Wien. „Die Geheimdienste aller Länder wissen, dass die Zeit abläuft“, zitierte die Zeitung „Haaretz“ am Sonnabend aus einem Fernsehinterview mit dem Staatschef Schimon Peres. Iran könne schon in sechs Monaten einen Atombombe haben, warnte der Friedensnobelpreisträger von 1994.

Peres betonte, die Welt sei nun gegenüber Israel in der Pflicht, die iranischen Atombestrebungen notfalls auch militärisch zu stoppen. „In der noch verbleibenden Zeit müssen wir die anderen Staaten der Welt zum Handeln drängen und ihnen sagen, dass es nun Zeit ist, die uns gegebenen Versprechen einzulösen, ihre Pflicht entweder durch harsche Sanktionen oder durch militärisches Handeln zu erfüllen“, betonte der 88-Jährige.

Israel und der Westen vermuten seit langem, dass der Iran unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms auch Atombomben entwickelt. Der Iran hat das stets bestritten und für den Fall eines Angriffs eine „apokalyptische“ Antwort angedroht. Der Westen setzt jedoch vorerst weiter auf diplomatischem Druck und Sanktionen gegen den Iran.

Allerdings gebe es nicht nur in Israel, sondern auch bei der internationalen Gemeinschaft erhebliche Zweifel am zivilen Charakter des iranischen Atomprogramms, sagte der Sprecher des Außenministeriums im Berlin, Andreas Peschke, am Freitag. Sollte der für nächste Woche erwartete Bericht der internationalen Atomenergiebehörde IAEA diese Zweifel weiter bestärken, müsse der diplomatische Druck auf Teheran erhöht werden.

Die IAEA will nach Angaben von Diplomaten in ihrem neuen Bericht neue Details über das iranische Atomprogramm veröffentlichen. Dazu sollen unter anderem Informationen zählen, die auf ein Computermodell eines Atomsprengkopfes hindeuten. Auf einer Satellitenaufnahme sei weiterhin ein Stahlkörper zu sehen, in dem hochexplosiver Sprengstoff

beispielsweise zur Zündung von Atombomben getestet werden könne, sagte ein Diplomat, der namentlich nicht genannt werden möchte, der Nachrichtenagentur dpa am Samstag in Wien.

Allerdings gestatteten auch die neuen Details noch keine abschließende Schlussfolgerung über das Ziel des iranischen Atomprogramms. „Angesichts früherer Erfahrungen mit dem Irak ist die IAEA extrem vorsichtig hinsichtlich der Informationen, die sie in ihre Berichte aufnimmt, weil falsche Angaben benutzt wurden, um militärische Aktionen zu rechtfertigen“, sagte der Diplomat. Die USA hatten ihren Krieg gegen den Irak unter anderem mit dessen angeblichen Massenvernichtungswaffen begründet. Sie wurden aber nie gefunden.

In Israel wird schon seit mehr als einer Woche eine intensive Debatte über das Für und Wider eines Militärschlags gegen Iran diskutiert. Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, ein Angriff stehe nicht unmittelbar bevor, aber Israel halte sich alle Optionen inklusive eines Militäreinsatzes offen. Israelischen Medienberichten zufolge sollen die USA jedoch sehr besorgt sein, dass die Israelis ohne Vorwarnung plötzlich gegen den Iran losschlagen könnten