Ein Stiefbruder der norwegischen Prinzessin Mette-Marit kam auf der Insel Utöya ums Leben. Der Attentäter will eine öffentliche Verhandlung.

Oslo. Anders Behring Breivik hat um einen Haftprüfungstermin ohne Ausschluss der Öffentlichkeit gebeten. Der norwegische Attentäter wolle sich erklären, sagte sein Anwalt am Sonntag. Es war jedoch unklar, ob der Richter zu der Anhörung am (heutigen) Montag Medienvertreter zulassen würde. Unterdessen wurde bekannt, dass sich der Stiefbruder der norwegischen Kronprinzessin Mette-Marit unter den Todesopfern des Massakers auf der Insel Utöya befindet.

Anders Behring Breivik gab die Taten zu, wies jedoch zurück, strafbar gehandelt zu haben. Als Motiv gab er an, die norwegische Gesellschaft revolutionieren zu wollen. Bei der Bombenexplosion am Freitag in Oslo kamen sieben, bei dem anschließenden Blutbad auf der Insel Utöya mindestens 86 Menschen ums Leben. Das Königshaus erklärte am Montag, dass der Stiefbruder Mette-Marits, ein Polizist, der zum Zeitpunkt des Blutbads auf Utöya nicht im Dienst war, unter den Todesopfern ist. Eine Sprecherin des Königshauses sagte, bei dem Toten handele es sich um Trond Berntsen, den Sohn von Mette-Marits Stiefvater, der 2008 verstorben ist.

Am Sonntag hatte die Polizeigewerkschaft mitgeteilt, dass eines der ersten Todesopfer auf der Insel Utöya ein Polizist war, der dienstfrei hatte und von den Veranstaltern des Jugendlagers der sozialdemokratischen Partei als private Sicherheitskraft engagiert worden war.

Der Umstand wirft ein neues Licht auf die Verwirrung, die nach Auskunft Überlebender während des 90-minütigen Blutbads herrschte. Breivik, der zuvor in Oslo eine Bombe gezündet hatte, war auf der Insel als Polizist verkleidet aufgetreten. Einige Teilnehmer des Camps hatten in dem Durcheinander bei ihm Schutz suchen wollen und waren erschossen worden.

Norwegischer Terrorist plagiiert „Unabomber“

In seinem mehr als 1.500 Seiten starken Manifest, das er kurz vor den Taten verschickte, legt Breivik seine rechtsextremistischen und islamfeindlichen Thesen dar und ruft zu weiterer Gewalt auf. Der Anwalt des 32-Jährigen, Geir Lippestad, erklärte, sein Mandant habe das Manifest selbst geschrieben. „Er wollte eine Veränderung in der Gesellschaft und, von seiner Warte aus, musste er diese mit einer Revolution durchsetzen.“

Zumindest Passagen des Manifests sind jedoch fast wortgetreu von dem amerikanischen „Unabomber“ Ted Kaczynski übernommen. Kaczynski wurde wegen einer Serie von Briefbombenanschlägen in den USA von den 70er bis in die 90er Jahre, bei denen drei Menschen getötet und 23 verletzt wurden, zu lebenslanger Haft verurteilt und sitzt in einem Zuchthaus in Colorado.

Breivik übernahm Abschnitte, die sich auf den ersten Seiten von Kaczynskis in den 90er Jahren veröffentlichtem Manifest finden, ohne wie bei anderen Zitaten auf den Urheber hinzuweisen. In einer Passage, in der sich der Amerikaner über das „Minderwertigkeitsgefühl“ der Linken auslässt, ersetzte Breivik den Begriff „Linksradikalismus“ durch „Multikulti“ beziehungsweise „Kulturmarxismus“. Mindestens ein Absatz ist wortwörtlich wiedergegeben: „Feministinnen sind verzweifelt bemüht zu beweisen, dass Frauen genauso stark und fähig sind wie Männer. Sie werden eindeutig von der Furcht geplagt, dass Frauen NICHT so stark und fähig sein könnten wie Männer.“

Bei dem Massaker auf der Insel Utöya setzte Breivik nach Angaben eines Chirurgen sogenannte Dum-Dum-Geschosse ein – spezielle Projektile, die im Körper des Getroffenen zerfallen und besonders schwere innere Verletzungen anrichten. Chirurgen, die 16 Personen mit Schussverletzungen behandelten, hätten bislang keine vollständigen Geschosse aus den Körpern der Patienten gezogen, sagte Colin Poole, Chefarzt der Chirurgie am Ringriket-Krankenhaus in der nordwestlich von Oslo gelegenen Stadt Honefoss.

„Diese Projektile sind mehr oder weniger im Innern des Körpers explodiert“, sagte Poole der Nachrichtenagentur AP. „Diese Projektile fügen inneren Schaden zu, der absolut entsetzlich ist“, sagte der Arzt.