Salih ist bei dem Anschlag doch schwer verletzt worden und muss sich operieren lassen. Die kommenden Tage können für den Jemen entscheidend sein.

Sanaa/Hanoi/Tel Aviv. Die Lage im Jemen spitzt sich immer weiter zu. Der umstrittene Präsident Salih ist bei einem Anschlag doch schwer verletzt worden und muss sich in Saudi-Arabien operieren lassen. Die kommenden Tage können für den Jemen entscheidend sein.

Der Jemen zwischen Chaos, Bürgerkrieg und neuer Hoffnung: Wegen einer schweren Verletzung nach einem Anschlag muss sich der umstrittene Präsident Ali Abdullah Salih in Saudi-Arabien einer Notoperation unterziehen. Nach der Explosion einer Granate stecke in der Herzgegend des 69-Jährigen ein 7,6 Zentimeter langes Schrapnell, berichtete der britische Rundfunksender BBC am Samstagabend unter Berufung auf Regierungskreise.

Völlig unklar ist, ob es Salih während seiner Abwesenheit und Behandlung im Ausland gelingen wird, die Macht im eigenen Land zu verteidigen. Die Opposition fordert seit Monaten mit Massendemonstrationen den Rücktritt des seit 1978 herrschenden Präsidenten. Es gab bis zum Samstagabend widersprüchliche Informationen, ob Salih bereits den Jemen in Richtung Saudi-Arabien verlassen hat oder nicht.

Der blutige Machtkampf zwischen Salih und einflussreichen Gegnern aus seinem eigenen Haschid-Stamm war in den letzten Tagen eskaliert. Nach dem Anschlag vom Freitag hatten Gefolgsleute des Präsidenten Granaten auf das Haus des Oppositionspolitikers Hamid al-Ahmar abgefeuert. Dabei seien mindestens 18 Personen getötet worden, teilte die Nachrichtenwebsite News Yemen am Samstag mit.

Angesichts der ausufernden Gewalt in dem Stammeskrieg hat das saudische Königshaus nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija eine einwöchige Waffenruhe vermittelt.

Zuvor hatten weitere Staaten ihre Diplomaten aus der hart umkämpften Hauptstadt Sanaa abgezogen. Auch Deutschland schloss vorübergehend seine Botschaft. Außenminister Guido Westerwelle forderte am Samstag die rund 30 noch im Jemen verbliebenen Deutschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Bundesregierung folgte damit anderen Staaten. Auch Großbritannien appellierte an seine Bürger, den Jemen umgehend zu verlassen.

Westerwelle forderte während eines Besuchs in Vietnam den seit mehr als drei Jahrzehnten amtierenden Präsidenten erneut auf, die Macht abzugeben. Salih habe die „Verantwortung gegenüber seinem Land“ bedauerlicherweise nicht wahrgenommen. „Er hätte auf einen Dialog setzen müssen, so lange noch Zeit war.“ Jetzt drohe immer mehr die Gefahr eines Bürgerkriegs.

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton verlangte einen sofortigen Waffenstillstand. Regierungstruppen und Stammesmilizen sollten sich zurückhalten und die „Eskalation der Gewalt“ beenden, sagte Ashton in Brüssel. Die USA verurteilten die „sinnlose Gewalt“ in dem vom Terror heimgesuchten Armenhaus der arabischen Halbinsel.

Seit dem Anschlag auf Salih vom Freitag waren die Spekulationen über dessen Gesundheitszustand und Aufenthaltsort nicht abgerissen. Zuerst verlautete aus Regierungskreisen, dass der Präsident nur leichte Verletzungen am Kopf davongetragen habe. Später wandte sich der Verletzte aber nur mit einer Audiobotschaft an sein Volk. Er sei wohlauf und es gehe im gut, sagte Salih. Allerdings war deutlich zu hören, dass er schleppend sprach und schwer atmete.

Die BBC berichtete dann unter Berufung auf Regierungskreise, dass Salih von einem Schrapnell getroffen worden sei und darüber hinaus Brandverletzungen zweiten Grades im Brustbereich und Gesicht davongetragen haben soll.

In den vergangenen Wochen war der seit langem schwelende Machtkampf zwischen dem 69 Jahre alten Salih und der rivalisierenden Al-Ahmar-Familie eskaliert. Scheich Sadik al-Ahmar ist Oberhaupt des Haschid-Stammes, dem auch die Präsidentenfamilie angehört. Scheich Hamid al-Ahmar, ein Bruder des Stammesführers, ist ein vermögender Geschäftsmann.

Die Al-Ahmar-Familie wehrt sich unter anderem gegen die Absicht von Salih, seinem ältesten Sohn Ahmed die Macht zu übergeben. Der ist Kommandeur der Republikanischen Garde und damit eine der wichtigsten Machtstützen seines Vaters. Dagegen unterstützen die Al-Ahmars die Opposition, die seit Jahresbeginn Präsident Salih mit Massenprotesten zum Rücktritt zwingen will.