Finanzminister der Euro-Zone sollen am Dienstag über Hilfen beraten. Der irische Premier Cowen dementiert ein Hilfeersuchen an Brüssel.

Berlin/Brüssel. Der Europäischen Union steht die nächste Rettungsaktion für einen Mitgliedsstaat bevor: Nach Informationen der "Welt am Sonntag" soll schon in dieser Woche in Brüssel konkret über ein Hilfspaket für Irland beraten werden. EU-Diplomaten erwarten, dass der finanziell schwer angeschlagene Staat bis zu 70 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsfonds abrufen muss.

Am Dienstag sollen laut EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn die Finanzminister der Euro-Zone auch über Irland beraten. Der Direktor des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, sagte, er sei zuversichtlich, dass Irland seine Probleme lösen könne. "Wenn die Iren aber einmal Unterstützung vom IWF brauchen sollten, dann sind wir natürlich bereit", sagte er am Rande des Apec-Gipfels in Japan.

Der IWF ist mit 250 Milliarden an dem 750 Milliarden Euro schweren Euro-Rettungsschirm beteiligt. Strauss-Kahn betonte, die Ausgangslage in Irland sei ganz anders als in Griechenland, wo die Regierung auch noch die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen müsse. Im Frühjahr hatte die EU Griechenland helfen müssen.

Auch Irland ist durch die Finanzkrise hart getroffen worden. Wegen milliardenschwerer Rettungsmaßnahmen für sein Bankensystem musste es sich in eine Rekordverschuldung stürzen. Das Haushaltsdefizit liegt 2010 bei 32 Prozent - zehnmal mehr, als in der Euro-Zone erlaubt ist. Die Gesamtverschuldung entspricht mit 160 Milliarden Euro fast dem Bruttoinlandsprodukt.

Die irische Regierung bestreitet bisher hartnäckig, dass sie EU-Hilfen in Anspruch nehmen muss. Experten zweifeln allerdings an den Beteuerungen. Der irische Premierminister Brian Cowen reagierte regelrecht wütend auf einen BBC-Bericht, internationale Hilfe für Irland stehe unmittelbar bevor, wie es in der irischen Zeitung "Independent" hieß. Die BBC hatte mit Hinweis auf nicht näher benannte Quellen berichtet, Irland sei bereits in vorbereitende Verhandlungen mit der EU getreten. Es sei nicht mehr eine Frage ob, sondern wann Irland Hilfe aus dem Fonds beantragen werde. Es gehe um eine Summe von rund 60 bis 80 Milliarden Euro. Premier Cowen hatte Berichte über die prekäre Lage Irlands dementiert. Irland sei Teil einer größeren Währungsregion, in der die Probleme des Euro gemeinsam angegangen würden. "Wir kooperieren mit unseren Kollegen", sagte Cowen.

Fachleute rechnen nicht damit, dass Irland aus eigener Kraft aus der Krise kommt. "Dass Europa Irland wird helfen müssen, ist für mich unstrittig", sagte Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitus (HWWI), der "Welt". "Das Land wird es aus eigener Kraft nicht mehr aus der finanziellen Klemme schaffen."

An den Finanzmärkten wird ebenfalls bezweifelt, dass Irland seine Schulden zurückzahlen kann. Bereits in der vergangenen Woche waren die Risikoaufschläge, die Anleger für irische Staatsanleihen verlangen, zeitweise auf ein Rekordhoch gestiegen. Die Regierung in Dublin betont allerdings, dass sie bis Mitte kommenden Jahres ein ausreichendes Finanzpolster habe.

Trotzdem könne Irland schon bald unter den Rettungsschirm der Europäischen Union flüchten, um sich rechtzeitig abzusichern, sagten Diplomaten in Brüssel. Darauf drängten auch Spanien und Portugal. Die beiden Länder fürchten, bei einer Zuspitzung der Krise mit in den Strudel mitgerissen zu werden. Deshalb forderte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner, ein schnelles Handeln: "Für Irland gilt: Das Feuer sollte ausgetreten werden, solange man es noch austreten kann", sagte er der "Welt". "Kurzfristig ist der Schutzschirm groß genug für Irland und Portugal. Für Spanien würde er aber nicht reichen."

Hinter allen Bemühungen steht die Sorge um Portugal und vor allem Spanien, hieß es in Brüssel. Die Diskussionen hatten den Kurs des Euro in den vergangenen Tagen belastet. Politiker und Ökonomen versuchten zu beruhigen. "Um den Euro mache ich mir keine Sorgen", sagte Leo Dautzenberg, finanzpolitischer Sprecher der Union.

Mit dem Rettungsschirm habe man ein wirkungsvolles Instrument. "Der Euro ist nach wie vor eine sichere und stabile Währung", sagte Ökonom Straubhaar. Die Krise einiger Länder werde "nicht das Auseinanderbrechen oder gar das Ende des Euro bedeuten". Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, hält die Sorge ebenfalls für unbegründet: "Selbst wenn es nötig werden sollte, dem in die Krise geratenen Irland zu helfen, wird das den Euro nicht gefährden."