Einige Staaten sind dickköpfig, schimpft Parlamentspräsident Jerzy Buzek. Die EU droht ohne einen Haushalt ins neue Jahr zu starten.

Brüssel. Wegen einer Machtprobe zwischen Parlament und Mitgliedstaaten sind die EU-Budgetverhandlungen gegen die Wand gefahren. Die letzten Vermittlungsversuche in der Nacht zum Dienstag scheiterten ohne Ergebnis. Briten, Schweden, Dänen und Niederländer schmetterten Forderungen der Abgeordneten nach mehr Einfluss auf die Haushaltsaufstellung und eigene Mittel für die Gemeinschaft ab.

Parlamentspräsident Jerzy Buzek warf den Regierungen „Dickköpfigkeit“ vor. Er sei „tief enttäuscht über die Blockade“. Die Prozedur für den Haushalt muss nun neu starten, wegen des Zeitdrucks droht die EU aber ohne Budget in das neue Jahr zu starten. Wichtige Projekte wie der Diplomatische Dienst oder die neue Finanzaufsicht wären zwar nicht grundsätzlich bedroht, ihre Finanzierung würde aber wesentlich mühsamer.

Haushaltskommissar Janusz Lewandowski muss nun so schnell wie möglich einen neuen Haushaltsentwurf auf den Tisch legen. Auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember sollen die Staats- und Regierungschefs darüber beraten. Eine Verabschiedung des Budgets halten Eingeweihte aber frühestens für Anfang 2011 für möglich. Bis dahin wird die sogenannte 12er-Regelung angewendet werden müssen. Das heißt, Lewandowski muss jeden Monat aufs neue Geld aus den Hauptstädten beantragen. Grundlage ist der Etat 2010. Zahlreiche Stellen des Auswärtigen Dienstes wären damit nur in den ersten Monaten finanziert.

In dem Machtkampf geht es nur zweitrangig um das Budget für 2011. Hier war das Parlament bereit, seine Forderung nach 6,2 Prozent mehr Geld zurückzustecken und die Ratsposition von plus 2,9 Prozent auf einem Etat von 126 Milliarden Euro zu akzeptieren. Ihre Zustimmung knüpften die Abgeordneten aber an zusätzliche Forderungen, die neben den vier genannten Ländern auch sechs weiteren Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, zu weit gingen.

Das Parlament verlangte eine „Flexibilitätsklausel“ für zusätzliche Mittel bis zu vier Milliarden Euro. Den Posten gab es früher, er ist aber mit dem Lissabonvertrag weggefallen. Vor allem will das Parlament aber seien alten Wunsch nach Eigenmitteln für Brüssel durchdrücken. Könnte sich die EU – etwa durch eine eigene Steuer – künftig selbst finanzieren, würde sie unabhängiger von den Haushalten der Nationalstaaten, so die Überlegung. Angesichts rigider Sparkurse in zahlreichen Mitgliedstaaten sind solche Überlegungen in den Hauptstädten derzeit aber ein rotes Tuch. Zumal die Abgeordneten mit ihren Forderungen über ihre neuen Kompetenzen aus dem Lissabonvertrag noch hinausgehen wollen.

Allerdings hat der Vertrag Parlament und Ministerrat bei der Verabschiedung des Haushaltes zu gleichwertigen Partnern gemacht. Das heißt: Ohne Einlenken auf beiden Seiten bleibt das Budget blockiert. Einige Mitgliedstaaten könnten geneigt sein, es darauf ankommen zu lassen. Deutschland strebt unbedingt eine Einigung an. Zuletzt waren die Haushaltsverhandlungen 1988 gescheitert. Auch das hat die EU überlebt.