Verteidigungsminister Guttenberg ist dafür, will aber die Abrüstung im Auge behalten. Die USA sprechen von „bescheidenen Kosten“.

Brüssel/Washington. Für den ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan (1981 bis 1989) waren es noch die Star Wars, der Krieg der Sterne. Doch auch nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion spielt das Thema Raketenschild und Raketenabwehr eine große Rolle für die Nato. US-Verteidigungsminister Robert Gates sieht eine „breite Unterstützung“ der europäischen Nato-Verbündeten für eine Raketenabwehr in Europa. Das sagte Gates nach Angaben des Pentagon auf dem Weg zum Treffen der Verteidigungs- und der Außenminister der Nato in Brüssel.

„Die Verbindung der nationalen Raketenabwehrsysteme, damit sowohl die Territorien als auch die Bevölkerungen geschützt werden können, ist in Wirklichkeit nur ein Softwareproblem des Zusammenschlusses unterschiedlicher nationaler Fähigkeiten“, sagte Gates.

Der US-Minister sprach von einem „bescheidenen finanziellen Aufwand“ in Höhe von „vielleicht 85 bis 150 Millionen Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg“. Nato-Diplomaten bezifferten die Kosten bisher auf etwa 200 Millionen Euro. Sie wiesen aber darauf hin, dass in dieser Summe keine Kosten für Raketen oder Ausrüstungen enthalten seien. Gates zeigte sich besorgt über Einsparungen in den Verteidigungshaushalten der europäischen Verbündeten. Dies könne zu der Erwartung führen, dass die USA die entstehenden Lücken auffüllten: „In einer Zeit, in der wir alle mit unseren eigenen Knappheiten zu kämpfen haben, besorgt mich das.“

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat für eine grundlegende Modernisierung der Verteidigungsallianz geworben. Das neue strategische Konzept, das Mitte November bei dem Gipfeltreffen in Lissabon beschlossen werden soll, werde die Nato durch das nächste Jahrzehnt führen, sagte er. Gleichzeitig sprach auch er sich für die Errichtung eines gemeinsamen Raketenabwehrschirms in Europa aus. Die Bedrohung sei klar und die Kosten überschaubar.

Auch Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach sich für die Raketenabwehr aus. „Wir halten den Raketenschirm für grundsätzlich eine gute Idee“, sagte der Minister. Er fügte aber hinzu, „dass Punkte wie Abrüstung durchaus eine wesentliche Komponente sein können und sein müssen“. Deutschland hat bisher noch nicht offiziell Stellung genommen zu den Vorschlägen Rasmussens, die ganz Europa vor Angriffen beispielsweise aus dem Iran schützen soll.

Nach Angaben von Diplomaten möchte Berlin, dass der Aufbau einer Raketenabwehr mit Zeichen für die Bereitschaft zu Rüstungskontrolle und Abrüstung von Atomwaffen verbunden wird. Die Atommacht Frankreich sieht in der Raketenabwehr lediglich eine Ergänzung der atomaren Abschreckung, jedoch keinen Grund zu möglicher Abrüstung. Auf die Frage, ob er eine Annäherung der Standpunkte für möglich halte, sagte Guttenberg: „Das werden wir sehen.“

Die USA erhöhen derweil den Druck auf den Nato-Staat Türkei zur Beteiligung an einem neuen transatlantischen Raketenabwehrsystem. Die türkische Regierung zögere aber, weil sie um die guten Kontakte zum Nachbarland Iran fürchte, berichteten türkische Zeitungen. Ankara sei beunruhigt, weil sich das Abwehrsystem vor allem gegen die angrenzenden Staaten Iran und Syrien richte. Die Türkei werde damit bei einem Konflikt zum Ziel.