Die Zahl von Hauptquartieren und Kommandostellen der Allianz soll drastisch reduziert werden

Hamburg/Brüssel. Nicht nur die Bundeswehr muss sparen: Angesichts der schweren Finanzkrise stellt auch die Atlantische Allianz die Ausgaben auf den Prüfstand. Bei einer Tagung der Verteidigungsminister der 28 Mitgliedstaaten in Brüssel bereitete Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Ressortchefs auf dramatische Einschnitte vor. Vor allem bei "Beton und Bürokratie" müsse das Bündnis sparen. "In diesem finanziellen Klima müssen alle Investitionen auf den Prüfstand", sagte der Däne. Derzeit beträgt das zivile und militärische Budget der Allianz rund zwei Milliarden Euro pro Jahr - das ist unabhängig von den Verteidigungsetats der Einzelstaaten.

Konkret ist nun vorgesehen, die Zahl der Nato-Hauptquartiere von elf auf höchstens fünf zu reduzieren. Die Zahl der Kommandostellen, derzeit noch 13 500, soll auf maximal 9500 sinken. Elf der 14 Verteidigungsagenturen, die die Rüstungsprojekte koordinieren, sollen wegfallen. Allerdings soll der bereits beschlossene Bau eines neuen Nato-Hauptquartiers in Brüssel weiterverfolgt werden - die Kosten dafür sind mit 1,5 Milliarden Euro veranschlagt. Auch eine eigene Raketenabwehr der Nato will Rasmussen ungeachtet des Sparzwangs aufbauen. Die Kosten dafür seien "beherrschbar" und würden weniger als 200 Millionen Euro über die kommenden zehn Jahre betragen. Über dieses Projekt wollen die Staats- und Regierungschefs der Allianz im November in Lissabon entscheiden.

Indessen ist die Zahl aller Nato-Soldaten weiter leicht gesunken. Sie beträgt jetzt noch rund 3,6 Millionen.

Nur noch fünf Staaten schafften es im vergangenen Jahr, die früher einmal fest vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben: die USA (vier Prozent), Griechenland (3,1 Prozent), Großbritannien (2,7 Prozent), Frankreich (2,1 Prozent) und Albanien mit zwei Prozent. Deutschland lag mit 1,4 Prozent im Mittelfeld der 28 Staaten.

Am Rande des Ministertreffens in Brüssel räumte der Oberkommandeur der Nato-geführten Truppen in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, neue Rückschläge im Kampf gegen die Taliban ein. Die Offensive gegen die Taliban-Hochburg Kandahar, von der sich die Nato eine Vorentscheidung in diesem Krieg erhofft, verlaufe langsamer als geplant.

Seit Wochen schon bereitet die Nato diese Offensive vor; im Sommer sollte sie beginnen. Doch die Bewohner der Stadt und der Provinz haben noch kein ausreichendes Vertrauen zur Nato aufgebaut. Sie versagen der Allianz die Unterstützung, weil sie Racheakte bei einer möglichen Rückkehr der Taliban befürchten. Wie die Taliban auch sind die meisten Bewohner Paschtunen.

"Es ist wichtiger, es richtig zu machen, als es schnell zu machen", sagte McChrystal. Nach Angaben von US-General Ben Hodges, Kommandeur in Süd-Afghanistan, verzögere sich die Offensive um "zwei bis drei Monate".