Der niederländische Islamkritiker Geert Wilders steht wegen Volksverhetzung vor Gericht. Jetzt wirft er den Richtern Befangenheit vor.

Amsterdam. Eigentlich sollte sich der niederländische Rechtspopulist und Islamkritiker Geert Wilders ab Montag vor dem Amsterdamer Amtsgericht wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten. Doch dazu kam es nicht. Schon nach kurzer Zeit musste der Prozess unterbrochen werden. Wilders hatte den Richtern Befangenheit und Parteilichkeit vorgeworfen . An die daraufhin eingeschaltete Befangenheitskammer des Amtsgerichts in Amsterdam richtete der 47- Jährige den Appell, seinen Vorwurf zu bestätigen. „Wenn Sie das nicht tun, ist dies nicht nur ein politischer Prozess, sondern auch ein unehrlicher Prozess mit voreingenommenen Richtern“, sagte Wilders.

In aller Eile mussten daraufhin Richter für die Befangenheitsverhandlung zusammengerufen werden. Die Kammer will ihr Urteil an diesem Dienstag bekanntgeben. Die Staatsanwaltschaft und die bislang noch mit dem Prozess betrauten drei Richter forderten die Abweisung von Wilders' Antrag. Der Vorsitzende Richter Jan Moors habe lediglich versucht, den Angeklagten zu bewegen, noch einmal zu bedenken, ob er tatsächlich während des bis Anfang November geplanten Prozesses nur noch schweigen wolle.

Wilders' Anwalt hatte den Befangenheitsantrag rund zwei Stunden nach der Eröffnung des international stark beachteten Hauptverfahrens am Montagmorgen gestellt. Nach dem Erfolg seiner rechtspopulistischen Freiheitspartei (PVV) bei der Parlamentswahl Anfang Juni ist die geplante Minderheitsregierung aus Christdemokraten (CDA) und Rechtsliberale (VVD) auf die Duldung Wilders' angewiesen.

Rechtsanwalt Bram Moszkowicz begründete den Befangenheitsantrag damit, dass der Richter Moors sich einen parteiischen Kommentar dazu erlaubt habe, dass Wilders im Volksverhetzungsprozess von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wolle. Moors hatte erklärt, dies sehe wieder einmal so aus, als wolle Wilders der Diskussion über seine Behauptungen über den Islam aus dem Weg gehen. Er verwies dabei auf Medienberichte, die bereits früher einen solchen Eindruck erweckt hätten.

Dieser Kommentar sei „unangemessen, ungeheuerlich, schändlich“, beklagte sich Wilders vor der Befangenheitskammer. „Damit ist, was mich betrifft, der Anschein von Parteilichkeit entstanden“, sagte er. „Mit so einem Vorsitzendem und diesem Gericht ist ein ehrlicher Prozess nicht mehr möglich.“ Wenn die Kammer dem Angeklagten recht gibt, würde der jetzige Volksverhetzungsprozess platzen. Bevor er erneut angesetzt werden könnte, müssten andere Richter berufen werden.

Der ganze Prozess könnte sich dann in Verfahrensstreitigkeiten verlieren. Zumal die Staatsanwaltschaft ursprünglich gar nicht Anklage erheben wollte. Sie war sich nicht sicher, ob Wilders tatsächlich die Grenze von der freien Meinungsäußerung allzu weit in Richtung strafbarer Diskriminierung und Hetze überschritten hatte.

Erst nachdem mehrere Organisationen und Einzelpersönlichkeiten ihrerseits Anzeige erstattet hatten, ordnete im Januar 2009 ein Berufungsgericht in Amsterdam an, dass die Staatsanwaltschaft weiter zu ermitteln und dann auch Klage zu erheben habe. Ein Jahr danach wurde der Prozess formell eröffnet, jedoch später bis nach den Wahlen im Juni vertagt. Dabei wurde Wilders' Freiheitspartei PVV mit 24 Mandaten drittstärkste Kraft im Parlament. Dem Rechtspopulisten wird Aufstachelung zum Hass gegen Anhänger des Islams und zum Rassenhass gegen Marokkaner und andere nicht- westliche Ausländer in insgesamt fünf Fällen vorgeworfen. Bei einer Verurteilung könnten ihm dafür insgesamt bis zu 16 Monate Haft sowie 10.000 Euro Geldstrafe auferlegt werden. Prozessbeobachter gingen allerdings bislang selbst im Falle eines klaren Schuldspruchs angesichts der niederländischen Rechtspraxis von einem erheblich geringeren Strafmaß aus.

Am Sonnabend war Wilders in Berlin aufgetreten und hatte vor einer Islamisierung Deutschlands gewarnt.