Das Regime in Pjöngjang hat Südkorea in Zeiten zunehmender Spannungen schon oft mit harten militärischen Konsequenzen gedroht.

Seoul/Washington. Nach dem mutmaßlichen Torpedoangriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff muss Nordkorea nach Angaben der US-Regierung mit Konsequenzen rechnen. Die USA wollten mit den Ländern in der Region erörtern, „was die angemessenen nächsten Schritte sein sollen“, sagte US-Außenamtssprecher Philip Crowley am Donnerstag (Ortszeit) in Washington. Das sei auch ein Grund, warum Außenministerin Hillary Clinton zu Gesprächen in Tokio, Peking und Seoul nach Asien gereist sei. Südkoreas Präsident Lee Myung mahnte allerdings am Freitag angesichts der zunehmenden Spannungen zu einem umsichtigen Vorgehen. Das kommunistische Land setzte unterdessen seine kriegerische Rhetorik fort

Nach Angaben Seouls ist der Untergang der Korvette „Cheonan“ vor acht Wochen eindeutig auf einen Torpedoangriff aus Nordkorea zurückzuführen. Seoul stützt sich bei dieser Einschätzung auf entsprechende Untersuchungsergebnisse, die ein internationales Ermittlungsteam am Donnerstag in Seoul vorgelegt hatte. Nordkorea bestreitet, die „Cheonan“ versenkt zu haben. Beim Untergang am 26. März nahe der innerkoreanischen Seegrenze im Gelben Meer wurden 46 Matrosen getötet.

Crowley warf Nordkorea „ernsthafte Provokation“ vor. „Es wird definitiv Konsequenzen für das geben, was Nordkorea getan hat.“ US-Außenministerin Clinton, die am Freitag in Japan eintraf, wird am Mittwoch in Seoul erwartet, um sich über ein gemeinsames Vorgehen abzusprechen. Südkorea hatte angedeutet, den Seezwischenfall unter anderem vor den Weltsicherheitsrat bringen zu wollen. Das von den USA angeführte UN-Kommando (UNC) in Südkorea kündigte am Freitag eine eigene Untersuchung an. Es wolle untersuchen, wie weit Nordkorea mit dem Angriff auf das Schiff den immer noch gültigen Waffenstillstand auf der koreanischen Halbinsel verletzt habe.

In einer Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Seoul wies Südkoreas Präsident die Ministerien an, Nordkorea mit „systematischen und resoluten“ Maßnahmen von „rücksichtlosen Provokationen abzuhalten“. Angesichts der Ernsthaftigkeit dürfe die Regierung jedoch keinen Fehler begehen, wurde Lee zitiert. „Wir müssen vorsichtig sein.“

Nordkorea betrachte „die derzeitige Situation als Kriegsphase“, hieß es in einer Erklärung des Komitees für die Friedliche Wiedervereinigung Koreas in Pjöngjang - eine Organisation der herrschenden Arbeiterpartei. Falls Südkorea Vergeltung üben wolle, werde Nordkorea die Beziehungen komplett einfrieren und den Nichtangriffspakt beider Länder annullieren, wurde das Komitee von den Staatsmedien zitiert. Solche Drohungen sind für Nordkorea nicht ungewöhnlich. Das Regime in Pjöngjang hat Südkorea in Zeiten zunehmender Spannungen schon oft mit harten militärischen Konsequenzen gedroht.

Nach der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse im Fall „Cheonan“ schlossen sich auch die EU und die NATO der internationalen Kritik an Nordkorea an. „Ich verurteile diese abscheuliche und zutiefst unverantwortliche Tat“, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel. Die NATO sprach in einer ebenfalls am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Erklärung von einem „Akt der Aggression“. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) rief Süd- und Nordkorea zu Gesprächen auf.