An diesem Dienstag wird er 75 Jahre alt. Die Botschaft des Dalai Lama: Frieden und Freiheit. Jetzt enthüllte er: Er bereut, dass er nie geheiratet hat.

Neu Delhi/Hamburg. Die kleine Propellermaschine von Neu Delhi nach Dharamsala ist startbereit. Aber die Passagiere müssen sich gedulden. Man erwarte noch Gäste, entschuldigen sich die Stewardessen, als die Minuten verrinnen. Plötzlich Unruhe. Auf dem Rollfeld bremsen dunkle Limousinen. Türen werden aufgerissen. Ein orangefarbenes Gewand wird sichtbar. „Er ist es!“, ruft jemand.

Und Augenblicke später steht „er“ leibhaftig zwischen den Sitzreihen und grüßt freundlich in die Runde – der Dalai Lama, gerade von einer seiner vielen Auslandsreisen zurückgekehrt und nun auf dem Rückweg in sein nordindisches Exil.

Mehr als zwei Drittel seines Lebens hat der buddhistische Gelehrte und geistliche Führer der Tibeter, der an diesem Dienstag 75 Jahre alt wird, bereits in der Kleinstadt am Fuße des Himalaja verbracht. Zehntausende Landsleute folgten ihm im Laufe der Jahrzehnte. Durch sie wurde Dharamsala zu „Little Lhasa“ und zu einem Zentrum des friedlichen Widerstands gegen die chinesische Besatzung Tibets.

Der 14. Dalai Lama, mit bürgerlichem Namen Lhamo Thondup, wurde am 6. Juli 1935 als Sohn einer Bauernfamilie im Nordosten Tibets geboren und 1937 „entdeckt“. 1940 wurde der Junge mit dem Mönchsnamen Tenzin Gyatso als Dalai Lama inthronisiert und 1950 mit der Volljährigkeit zum Oberhaupt eines unabhängigen Tibet ausgerufen. Noch im selben Herbst marschierte die chinesische Armee ein. Im März 1959 musste der 14. Dalai Lama nach dem von den Chinesen brutal niedergeschlagenen „Volksaufstand“ in der tibetischen Hauptstadt Lhasa endgültig über die Berge ins indische Exil fliehen, wo er bis heute lebt. Die meisten Klöster und Tempel seines Landes wurden zerstört.

In Dharamsala steht der Dalai Lama einer demokratisch geführten Exilregierung für die geschätzten sechs Millionen Tibeter weltweit vor. Von dort aus operiert er durch zahllose Reisen und Medienauftritte weltweit als Symbolfigur eines gewaltlosen tibetischen Widerstands. Sein erklärtes politisches Ziel ist eine möglichst weitgehende Autonomie unter nomineller Oberhoheit der Volksrepublik China. 1989 erhielt der Dalai Lama den Friedensnobelpreis. Gleichwohl ist Tibet mit Rücksicht auf die strategische und wirtschaftspolitische Bedeutung Chinas bis heute von keinem Land staatlich anerkannt.

Der Dalai Lama suchte das Gespräch mit der Führung in Peking. Bei vielen Exiltibetern ist diese Politik inzwischen jedoch umstritten. Vor allem junge Aktivisten glauben, dass die Forderung nach Autonomie nach dem Scheitern zahlreicher Verhandlungsrunden keinen Sinn mehr habe. Sie wünschen sich die Unabhängigkeit Tibets und sind auch bereit, dafür zu kämpfen.

Der Dalai Lama weiß um die Ungeduld der tibetischen Jugend, hält aber am gewaltfreien „Weg der Mitte“ fest. Nach Jahrzehnten im Exil sei es bereits eine „große Errungenschaft“, dass das Tibet-Problem nach wie vor lebendig sei und auch die internationale Gemeinschaft großen Anteil daran nehme, sagte er im vergangenen Jahr in Dharamsala. „Von diesem Standpunkt gesehen, habe ich keinen Zweifel, dass die Gerechtigkeit eines Tages die Oberhand gewinnen wird.“

Mit dieser Beharrlichkeit fasziniert der Dalai Lama rund um den Globus seine Anhänger. In Europa und Nordamerika strömen regelmäßig Zehntausende zu Vorträgen und religiösen Unterweisungen. Eine halbe Million Menschen folgen ihm bei Twitter. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat dem Dalai Lama zum 75. Geburtstag gratuliert. Die Tibeter mit ihrem geistlichen Oberhaupt seien ein einzigartiges Vorbild, weil sie das Prinzip der Gewaltlosigkeit in ihrem Leben umsetzen, heißt es in einem Beitrag Kochs für das Internetportal „evangelisch.de“.

Auch sein Geburtstag soll weltweit gefeiert werden. Unter anderem ist in London ein Konzert geplant. Dass der Dalai Lama auch charmant und witzig ist, erleben meist Gäste kleinerer Veranstaltungen. So wurde er vor einiger Zeit in Neu Delhi gefragt, was er denn in seinem Leben am meisten bereue. Die Antwort vom Podium kam prompt: „Nicht geheiratet zu haben.“