Nervenkrieg in Toulouse: Ein psychisch kranker Geiselnehmer hatte vier Menschen in seiner Gewalt - ein Bauchschuss zwang ihn zur Aufgabe.

Toulouse. Die südfranzösische Stadt Toulouse ist das zweite Mal innerhalb weniger Monate von einem schweren Gewaltverbrechen in Angst und Schrecken versetzt worden: Allerdings ging das Geiseldrama am Mittwoch ohne Blutvergießen zu Ende. Ein offenbar psychisch gestörter Mann hatte zuvor in einer Bank vier Menschen in seine Gewalt gebracht. Erst im März hatte ein Attentäter vor einer jüdischen Schule in Toulouse vier Menschen getötet und war später von der Polizei erschossen worden.

Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde der Geiselnehmer am Mittwochnachmittag festgenommen. Alle Geiseln konnten unverletzt befreit werden. Zuvor hatte der Täter bereits eine Frau auf freien Fuß gesetzt. Der Geiselnehmer sei leicht verletzt worden, sagte der Polizist Frederic Tamisier. Während der Festnahme waren Schüsse zu hören. Der Grund der Verletzung des Täters sei allerdings noch unklar, sagte ein weiterer Polizeivertreter.

Mit einer Schusswaffe habe der Mann gegen 11.00 Uhr die Filiale der Bank CIC im Zentrum von Toulouse betreten und vier Menschen in seine Gewalt gebracht, darunter den Filialdirektor, teilte die Polizei mit. Ein Schuss sei abgefeuert, jedoch niemand verletzt worden. Der Angreifer habe gefordert, mit der Polizeieinheit RAID zu verhandeln. Die Umgebung der Bank CIC wurde abgesperrt und umliegende Gebäude evakuiert, darunter eine private Sprachschule, die von Vier- und Fünfjährigen besucht wird.

Der Mann habe in den Verhandlungen deutlich machen wollen, dass er aus „religiöser Überzeugung“ und nicht „des Geldes wegen“ handele, sagte Staatsanwalt Michel Valet. Welcher Religionsgemeinschaft der Geiselnehmer angehört, war nicht bekannt. In Medienberichten hieß es zuvor, der Mann habe sich als Anhänger der Terrororganisation Al-Kaida bezeichnet.

Hinweise auf psychische Probleme des Täters

Der Toulouser Bürgermeister Pierre Cohen sagte, der Geiselnehmer habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt. Staatsanwalt Valet schloss sich der Einschätzung an: „Ich bin kein Arzt, aber wir haben Hinweise darauf, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der mit ernsthaften psychischen Problemen kämpft und dass die Tat etwas mit diesen Problemen zu tun hat.“

In Toulouse waren im März vor einer jüdischen Schule vier Menschen getötet worden. Bei dem Schützen handelte es sich um den 23-jährigen Mohamed Merah, der ebenfalls Kontakte zur Al-Kaida gehabt haben will. Auch damals war die RAID im Einsatz und verhandelte mit dem Täter. Der Mann wurde schließlich in einem Feuergefecht mit der Polizei getötet. Die Polizei bezeichneten ihn als Islamisten, der in Afghanistan und Pakistan ausgebildet worden sei.

Die am Mittwoch überfallene Bank liegt im gleichen Stadtteil, in dem Merah sich verschanzt hatte und später erschossen worden war. Nach dem erneuten Vorfall in der Gegend, denke sie daran umzuziehen, sagte Doriane Clermont. „Ich bin besorgt über das Klima, das in dieser Stadt herrscht“, sagte die Mutter eines dreijährigen Jungen.

Auch die Anwohnerin Maria Gomes zeigte sich beunruhigt. „Wir waren unterwegs, als wir den Aufruhr mit all den Polizeiautos in der Nachbarschaft bemerkt haben“, sagte sie. „Da kommt die Angst zurück - nach der Sache mit Merah.“