Laut syrischer Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind bei Protesten am Freitag mindestens drei Menschen getötet worden.

Beirut. Regimegegner stellen die Waffenruhe in Syrien auf die Probe: Nach Angaben von Aktivisten haben sich am Freitag Tausende Syrer zu Protesten versammelt und fordern das Assad-Regime heraus. Zuvor hatten Sicherheitskräfte der Regierung die Sicherheitsvorkehrungen auf öffentlichen Plätzen und vor Moscheen verstärkt, weil Oppositionsführer für Freitag zu umfassenden Protesten gegen das Regime aufgerufen hatten. Nach Oppositionsangaben sind erneut drei Menschen getötet worden. Zu den tödlichen Zwischenfällen kam es demnach ungeachtet der vereinbarten Waffenruhe in den Provinzen Idlib, Hasaka und Hama. Der Uno-Sicherheitsrat wird wohl noch am Freitag über die Entsendung von Beobachtern zur Überwachung der Waffenruhe entscheiden.

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In der nördlichen Provinz Idlib sowie in Randbezirken der Hauptstadt Damaskus hätten Sicherheitskräfte mit scharfer Munition in die Demonstrationen im Anschluss an die Freitagsgebete gefeuert, berichtete die in London ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Auch in der Ortschaft Darkusch nahe der türkischen Grenze schossen nach Angaben von Aktivisten Soldaten und Milizionäre auf Demonstranten und verletzten fünf von ihnen. Proteste wurden auch aus der Hafenstadt Latakia, Ortschaften der Unruheprovinz Homs sowie der südlichen Provinz Daraa gemeldet.

Burhan Ghaliun vom Syrischen Nationalrat befürchtete schon vor den Kundgebungen, das Regime werde die Wiederaufnahme der Proteste nicht zulassen. Die Behörden hätten „den Finger am Abzug“. Trotz Waffenruhe wurden nach Darstellung der Beobachterstelle auch am Donnerstag mindestens vier Menschen in Syrien getötet: Drei davon seien in der Rebellenhochburg Homs von Heckenschützen erschossen worden, einer sei an einem Kontrollpunkt in der Provinz Hama getötet worden.

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Annans Sprecher äußerte Besorgnis angesichts der Truppen-Präsenz in den Bevölkerungszentren: „Sie gehören dort nicht hin.“ Er äußerte sich trotzdem vorsichtig optimistisch, dass der Sechs-Punkte-Plan des Gesandten bislang „relativ respektiert“ worden sei. Vor den neuerlichen Protesten am Freitag hatte Damaskus angedeutet, derartige Demonstrationen nicht zu tolerieren. Das syrische Innenministerium warnte laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur SANA am Donnerstag, Demonstranten müssten für Protestmarsche eine Genehmigung der Regierung einholen.

Zur Überwachung der zerbrechlichen Waffenruhe sollen in Kürze erste internationale Beobachter in das Land reisen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen werde voraussichtlich noch am Freitag über einen Voraustrupp von zehn bis zwölf Beobachtern entscheiden, ließ Friedensvermittler Kofi Annan in Genf mitteilen. Die Waffenruhe war am Donnerstag auf Vermittlung des früheren Uno-Generalsekretärs Annan in Kraft getreten. Sein Sprecher sagte, das Beobachter-Vorauskommando sei abflugbereit und warte nur noch auf grünes Licht des Sicherheitsrates. Die unbewaffnete Beobachtertruppe von rund 250 Mann ist Teil des Sechs-Punkte-Plans von Annan zur Befriedung der seit 13 Monaten andauernden Kämpfe zwischen Opposition und der Assad-Regierung.

Der Uno-Sicherheitsrat sollte nach Angaben des Sprechers von Annan noch am Freitag über eine Syrien-Resolution entscheiden. Die USA hatten in der Nacht einen neuen Resolutions-Entwurf vorgelegt, der auch eine Verurteilung der Verstöße gegen das Menschenrecht durch das syrische Regime vorsah. Bisher haben China und Russland bereits zweimal einen Beschluss verhindert. Der Entsendung von Beobachtern stimmt Russland aber zu. Sein Uno-Botschafter Vitali Tschurkin nannte es „sehr gut“, wenn das Vorauskommando Anfang kommender Woche vor Ort sein könne.

Syrische Aktivisten haben unterdessen den ägyptischen Behörden vorgeworfen, diese hätten einem Schiff mit Waffen für das Regime in Damaskus die Passage durch den Suez-Kanal gestattet. Das Schiff habe aus Dschibuti kommend am Freitag Kurs auf den syrischen Hafen Tartus genommen. Die Waffen stammten vermutlich aus dem Iran. Eine offizielle Bestätigung für die Behauptung der Aktivisten gab es zunächst nicht. Das Frachtschiff soll zuletzt im ägyptischen Hafen von Port Said gesehen worden sein. Angeblich hatte es den türkischen Hafen Iskenderun als Ziel angegeben.

Die EU-Staaten haben wegen der brutalen Unterdrückung der Protestbewegung verschiedene Sanktionen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad verhängt. Dazu gehört auch ein Waffenembargo. Der UN-Sicherheitsrat hat bislang keine Sanktionen verhängt. Im Januar war ein mit Munition aus Russland kommendes Schiff in Zypern aufgehalten worden. Es hatte seine Fahrt nach Syrien mit der Ladung an Bord jedoch später fortsetzen können, nachdem der Kapitän erklärt hatte, er werde einen anderen Hafen als zunächst vorgesehen ansteuern

Mit Material von dpa/dapd/rtr