Auch wenn der Druck zunimmt: Assad lässt seine Truppen weiter gegen die Aufständischen vorgehen. Das Bekenntnis zeigt keine Wirkung.

Beirut/Berlin. Ungeachtet des zunehmenden internationalen Drucks lässt Syriens Präsident Baschar al-Assad seine Truppen weiterhin massiv gegen die Aufständischen vorgehen. Allein seit Dienstag wurden nach Oppositionsangaben bei den Kämpfen zwischen Soldaten und Rebellen mindestens 80 Menschen getötet. Seit Assads grundsätzlicher Zustimmung zum Friedensplan des internationalen Vermittlers Kofi Annan vor gut einer Woche seien 232 Menschen ums Leben gekommen, erklärte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Vor Ort zeige Assads Bekenntnis keine Auswirkungen.

Das Hilfswerk Caritas International teilte mit, dass auch der Flüchtlingsstrom in Syriens Nachbarländer unvermindert anhalte. Der Friedensplan habe die Lage bislang nicht entspannt, sagte der Leiter des zuständigen Referats, Christoph Klitsch-Ott. „Die Menschen schenken den Versprechungen über ein Ende der Gewalt keinen Glauben.“ Die Organisation warnte vor einer Katastrophe für die Menschen. Insbesondere Jordanien und der Libanon seien ohne Unterstützung der internationalen Gemeinschaft mittelfristig mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge überfordert. Von den seit mehr als einem Jahr anhaltenden Kämpfen seien bislang 230.000 Menschen vertrieben worden.

Vor Ort traf sich nach staatlichen Angaben derweil der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Jakob Kellenberger, mit Außenminister Walid al-Mualem. Der syrische Chefdiplomat habe „einem Kooperationsmechanismus“ bei der humanitären Unterstützung zugestimmt, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Sana, ohne Details zu nennen. Das IKRK fordert eine tägliche Feuerpause von mindestens zwei Stunden, um Menschen in umkämpften Gebieten helfen zu können.

+++ Annan verkündet: Ab dem 10. April schweigen die Waffen +++

Nach Schätzungen der UN haben die Einheiten Assads in dem Konflikt bislang mehr als 9000 Menschen getötet. Die Führung in Damaskus macht vom Ausland unterstützte Terroristen für die Gewalt verantwortlich. Am Mittwoch erklärte sie, 6044 Menschen seien getötet worden, darunter 2566 Soldaten und Polizisten. In den vergangenen beiden Tagen kam es unter anderem in der Protesthochburg Homs wieder zu schweren Gefechten. Nach Angaben der Opposition starben dabei 20 Zivilisten. Ein Gebäude, in dem der Rote Halbmond Hilfsgüter zur Verteilung bereit hielt, brannte nach Angaben von Aktivisten vollkommen nieder. Die genauen Hintergründe blieben aber unklar.

Assad hatte Anfang dieses Monats zugesagt, bis kommenden Dienstag seine Truppen aus Städten und Ortschaften abzuziehen und so den Weg für eine Waffenruhe zu bereiten, dem zentralen Punkt des Annan-Plans. Da sich der syrische Machthaber aber an frühere Zusagen nicht hielt und die Gewalt anhält, stoßen seine Erklärungen auf erhebliche Skepsis.

„Was wir seit dem 1. April gesehen haben, ist nicht sehr ermutigend“, sagte die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice. Der britische Außenminister William Hague sagte, die Angriffe auf Zivilisten hielten ebenso an wie „Mord, Unterdrückung und Folter durch das Regime“. Amerikaner, Briten und andere westliche Staaten bemühen sich um die formelle Unterstützung des Annan-Plans durch den UN-Sicherheitsrat, um der Initiative mehr Gewicht zu verleihen. In Kürze wird zudem ein Planungsstab der Vereinten Nationen in Damaskus erwartet, der mit der syrischen Führung die Entsendung von 250 Beobachtern diskutieren soll. Diese sollen die Einhaltung der in Aussicht gestellten Waffenruhe kontrollieren.

Mit Spannung wird erwartet, wie sich Syriens Verbündeter Russland in der Frage positioniert. Am Widerstand der UN-Vetomacht scheiterten bereits mehrere Anläufe für eine Resolution des Sicherheitsrats. Zuletzt hatte sich Russland aber zunehmend kritischer über Assad geäußert. Gleichzeitig fürchtet das Land aber, womöglich den Weg zu bereiten für eine Unterstützung der Rebellen mit Waffen von außen, wie das von einigen Staaten bereits gefordert wurde. Außenminister Sergej Lawrow warnte am Mittwoch, dass selbst eine „bis an die Zähne bewaffnete Opposition“ die syrische Armee nicht besiegen könne. Stattdessen würde es „ein jahrelanges Gemetzel“ geben. (rtr)

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