In Mexiko jubelten ihm die Massen zu - mehr Gegenwind könnte Papst Benedikt XVI. ab heute im kommunistischen Kuba spüren.

Leon/Havanna. Nach dem umjubelten Auftritt vor rund 700.000 Gläubigen im mexikanischen Leon hat sich Papst Benedikt XVI. am Montag auf den Weg zu dem mit Spannung erwarteten dreitägigen Besuch in Kuba begeben. Zu den Höhepunkten der Visite zählt ein Treffen mit Staatschef Raúl Castro am Dienstag. Am Mittwoch feiert das katholische Kirchenoberhaupt eine Messe auf dem Platz der Revolution in Havanna. Nach Mexiko ist Kuba die zweite und letzte Station von Benedikts sechstägiger Lateinamerika-Visite, gleichzeitig seine 23. Auslandsreise.

In Kuba wird der Papstbesuch nach Einschätzung des Menschenrechtlers Elizardo Sánchez keine Euphorie auslösen. "Es gibt keinen spontanen Enthusiasmus“, sagte der Sprecher der kubanischen Menschenrechtskommission vor der Ankunft des Pontifex am Montag. Ganz anders als bei dem Besuch des vorherigen Papstes, Johannes Paul II., im Jahr 1998 sei die Stimmung auf der Insel gedrückt.

Den Kubanern gehe es viel schlechter als Ende der 90er Jahre. "Die Menschen haben weniger Hoffnung“, betonte der Sprecher der illegalen, aber staatlich tolerierten Kommission. "Die Regierung wird die Leute jetzt sogar mit Zwang mobilisieren, um die Papstmessen zu besuchen.“ Die Begeisterung werde auch dadurch gedrückt, dass Benedikt XVI. nur kurz in Kuba bleibe. Das Kirchenoberhaupt reist am Mittwoch nach Rom zurück.

Ein Treffen zwischen Venezuelas Staatsschef Hugo Chavez und Benedikt XVI. auf der Karibikinsel steht nach Angaben von Vatikansprecher Federico Lombardi weiterhin nicht in Aussicht. Eine solche Begegnung sei nicht im Programm vorgesehen; auch sei im päpstlichen Organisationsstab nichts von einem Ersuchen Chavez' um eine private Audienz bekannt, sagte Lombardi am Sonntag (Ortszeit) in Leon. "Weder ich noch das päpstliche Gefolge, die Kardinäle, wissen etwas darüber.“ Der an einer Krebserkrankung leidende venezolanische Staatschef hält sich laut Medienberichten derzeit zu einer weiteren Strahlentherapie in Kuba auf.

Neue Festnahmen vor Papstbesuch in Kuba

Lombardi versuchte auch Spekulationen über ein Treffen des Papstes mit kubanischen Dissidenten zu dämpfen. Auch dies sei nicht vorgesehen. Die Journalisten sollten "keine Erwartungen nähren“, sagte der Vatikansprecher vor Berichterstattern der Papstreise in Mexiko.

Kurz vor der Ankunft des Katholischen Kirchenoberhauptes hatten Kubas Behörden ihre Repressionen gegen Regimegegner noch einmal verstärkt. Nach Angaben der kubanischen Menschenrechtskommission wurden 70 Oppositionelle in Haft genommen. Besonders massiv seien die Sicherheitskräfte in der östlichen Stadt Santiago gegen Dissidenten vorgegangen, sagte Elizardo Sánchez, Sprecher der illegalen, aber von der Regierung tolerierten Kommission.

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Die Oppositionsgruppe "Damen in Weiß“ erhob Vorwürfe gegen die katholische Kirche. Diese schweige zur Unterdrückung der Regimegegner, sagte die Sprecherin der "Damen in Weiß“, Berta Soler. Laut Soler nahm die Regierung in den vergangenen Tagen 15 Mitglieder ihrer Organisation fest. Zahlreiche weitere Frauen der Gruppe seien eingeschüchtert oder gar mit Gefängnis bedroht worden, sollten sie anlässlich des Papstbesuches öffentlich demonstrieren.

"Damen in Weiß" kündigen friedliche Kundgebung an

Der wöchentliche Schweigemarsch der "Damen in Weiß“ fand am Sonntag dennoch statt. Etwa 40 Frauen marschierten durch das Botschaftsviertel Miramar und riefen "Freiheit, Freiheit, Freiheit!“ Die "Damen in Weiß“ wurden 2003 von Angehörigen politischer Häftlinge gegründet. Damals waren 75 Oppositionelle zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie kamen in der Zwischenzeit nach Vermittlung der katholischen Kirche allesamt frei.

Die "Damen in Weiß“ kündigten eine friedliche Kundgebung während der Papstmesse in Havanna an. Sprecherin Soler äußerte allerdings die Befürchtung, Polizei und Staatssicherheit würden die Anreise der Frauen von vornherein verhindern. Nach Angaben des Menschenrechtsaktivisten Ramón Mora wurden die Beschäftigten in den Betrieben aufgefordert, auf keinen Fall weiß gekleidet zu den Papstmessen zu gehen. Das sei ein Indiz dafür, dass Kubas Regierung die "Damen in Weiß“ fürchte, sagte Mora.

Die Behörden haben laut Menschenrechtskommission in den vergangenen Tagen zudem mindestens 100 Bettler und Obdachlose in ein Internierungslager in der Nähe des Flughafens von Havanna gebracht. Die Kommission warf der Regierung deshalb schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Aus Gründen der "Imagepflege“ wolle das Regime offenbar den Anblick von Bettlern während des Papstbesuches verhindern.

Vatikansprecher zieht positive Mexiko-Bilanz

Im Blick auf den viertägigen Besuch des Papstes in Mexiko sagte Vatikansprecher Lombardi, für Benedikt XVI. sei mit der herzlichen Aufnahme durch die Bevölkerung der Zweck der Reise erreicht. Die Verbundenheit der Mexikaner mit Johannes Paul II. (1978-2005) habe eine gewisse Reserviertheit gegenüber dessen Nachfolger befürchten lassen. Diese Distanz sei durch die Reise überwunden.

Benedikt XVI. war am Freitag in Mexiko eingetroffen. Einzige Station seines Besuchs war der zentralmexikanische Bundesstaat Guanajuato mit der Metropole Leon. Johannes Paul II. reiste insgesamt fünf Mal nach Mexiko. Der erste Besuch fand 1979 statt, der letzte 2002.

Papst verweist auf "Jahr des Glaubens"

In Mexiko hatte Benedikt XVI. die Bischöfe Lateinamerikas zu einer großangelegten Neuevangelisierung aufgerufen. Der katholische Glauben habe das Leben, die Gebräuche und die Geschichte des Kontinents deutlich geprägt, betonte er am Sonntagabend (Ortszeit) bei einem Vespergottesdienst in der Kathedrale von Leon. Auch 200 Jahre nach Erreichen der Unabhängigkeit vieler seiner Nationen müsse der Glauben weiterhin seine Strahlkraft bewahren, forderte der Papst.

Der Papst verwies auf das im Herbst beginnende "Jahr des Glaubens“. Es habe zum Ziel, die Menschen zu Christus zu führen, sie von der Sünde zu befreien und sie auf eine "verantwortungsvolle Freiheit“ hinzuleiten. Die Kirche müsse auf der Seite derer stehen, die ausgegrenzt seien "durch Gewalt, Macht oder einen Reichtum, der jene ignoriert, denen es nahezu an allem fehlt“. Mensch zu sein bedeute, "Bruder und Hüter des Nächsten zu sein“, so Benedikt XVI.

Er mahnte bei den Bischöfen eine besondere Rückenstärkung für die katholischen Laien an: Es sei "nicht recht, dass sie das Gefühl haben, als Menschen von geringer Bedeutung in der Kirche angesehen zu werden.“

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Als Elemente der Neuevangelisierung nannte der Papst ein verstärktes Studium und eine bessere Verbreitung der Heiligen Schrift. Sie müsse zu einer "Kraft der Hoffnung, der Freiheit und des Heils für alle Menschen“ werden. Er ermahnte die Bischöfe, sich auch besonders um die Seminaristen und um die Priester als ihre wichtigsten Mitarbeiter zu kümmern. Dabei dürfe bei unangebrachtem Verhalten auch die "väterliche Ermahnung“ nicht fehlen.

Mit Blick auf die Geschichte dankte Benedikt XVI. vor allem den Bischöfen, Missionaren und Gläubigen, die das Christentum in Phasen der Verfolgung und unter Missachtung bewahrt und verbreitet hätten. An dem Gebetstreffen nahmen 130 Bischöfe Mexikos und Vertreter der Bischofskonferenzen aus Ländern Lateinamerikas und der Karibik teil, die derzeit die 200-Jahr-Feiern ihrer staatlichen Unabhängigkeit begehen.

Am Ende des eineinhalbstündigen Vespergottesdienstes startete Benedikt XVI. per Fernsteuerung eine neue Beleuchtung für die Christkönig-Statue auf dem Cerro Cubilete, die in 2.700 Meter Höhe die Stadt Leon überragt. Gleichzeitig mit der neuen Illuminierung löste er ein fulminantes Feuerwerk aus.

Mit Material von kna und epd