Romney kann Santorum auch am “Super Tuesday“ nicht abhängen. Mitt Romney gewann bisher in 13 Staaten, Rick Santorum kommt auf sieben.

Washington. Viele Punktesiege für den Favoriten im Ring, aber weiterhin kein K.-o.-Treffer. Das war der "Super Tuesday", von dem führende Republikaner vergebens eine Vorentscheidung im Kampf um die Präsidentschaftsnominierung für ihren Favoriten Mitt Romney erhofft hatten. Stattdessen gab es am Dienstag in zehn US-Bundesstaaten erneut eine gespaltene "Grand Old Party" zu besichtigen. Romney zieht voran, siegte knapp im hart umkämpften Ohio und konnte weitere Delegierte einsammeln. Doch Rick Santorum, sein stärkster Verfolger, verbuchte ebenfalls mehrere Runden für sich und bleibt damit der "Kandidat der Herzen" - zumindest aber der Herzland-Konservativen in den USA.

Sechs Staaten entschied der gemäßigte Romney am Dienstag für sich, darunter mit sehr überzeugenden 72 Prozent das liberale Massachusetts, wo er einst Gouverneur war, sowie Vermont, Virginia, Idaho, Alaska und eben Ohio. "Ich stehe bereit, ... unser Land zum Wohlstand zu führen", rief er jubelnden Anhängern zu. Drei Staaten gewann der konservative Santorum, nämlich North Dakota, Oklahoma und Tennessee.

+++ Super-Dienstag ohne Sieger +++

Das bestätigt das Muster des gesamten bisherigen Nominierungsprozesses: Santorum, ehemals Senator in Pennsylvania, gewann mit Ausnahme Nevadas und nun Idahos alle Bundesstaaten, die nicht an eine Außengrenze der USA oder an die offene See grenzen. "Wir haben im Westen gewonnen, im Mittelwesten und im Süden und wir sind bereit, überall in diesem Land zu gewinnen", frohlockte dieser deshalb.

Romney beherrscht das Feld an der Peripherie. Er hat eine starke Unterstützerfront in den liberalen Neuengland-Staaten, er siegte in den vorigen Wochen bereits in Florida, und er gewann an der Westküste im Staat Washington und im Südwesten in Arizona.

Insgesamt kommt Romney nun auf 13 gewonnene Staaten, während Santorum in sieben Vorwahlen siegte. Romney ist zwar noch weit entfernt von den 1144 Delegierten, die für seine Nominierung bei der National Convention, dem Nominierungsparteitag Ende August in Tampa/Florida, nötig sind. Aber immerhin zählt er nun 415 Delegierte und damit mehr als seine drei Konkurrenten zusammen. Santorum vereinigt hinter sich 176 Delegierte, Newt Gingrich 105 und Ron Paul 47.

+++ Favorit Mitt Romney holt sich am "Super Tuesday" sechs Staaten +++

Gingrich, der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, und Paul, der libertäre Kongressabgeordnete aus Texas, können in dieser Statistik nur noch unter "ferner liefen" rangieren.

Am Dienstag gewann Gingrich lediglich und wie erwartet in seinem Heimatstaat Georgia. Das ist erst der zweite Sieg Gingrichs nach seinem Triumph in South Carolina im Januar.

Paul belegte in North Dakota immerhin einen zweiten Platz und ebenso in Virginia - wo er allerdings als einziger Gegner Romneys antrat. Der Texaner fuhr noch keinen einzigen Sieg ein. Trotzdem wollen beide Kandidaten bislang von einem Ausscheiden aus dem Rennen nichts wissen. Dabei können sie allenfalls noch den Preis für ihren Rückzug hochtreiben - etwa in Gestalt einer gesichtswahrenden Verwendung im Team des späteren Kandidaten oder in Form der Übernahme mancher inhaltlicher Forderung. Als Vizepräsidentschaftskandidat Romneys oder Santorums sind weder Gingrich noch Paul vorstellbar.

Doch der wortmächtige Ex-Sprecher hält sich immer noch für den einzigen Kandidaten, der das Zeug habe, in einem Streitgespräch Barack Obama in den Schatten zu stellen, und Paul ist von seiner einzigartigen Mission durchdrungen, die Abschaffung der US-Bundesbank zu fordern und die Außenpolitik der Supermacht in einen Neo-Isolationismus umzukehren.

So gab Gingrich am Wahlabend in Atlanta seinen weiteren Kurs aus, und der zielt auf den konservativen Süden: Der Ex-Abgeordnete will in Kansas, Alabama und Mississippi gewinnen. Sein neues Schwerpunktthema wird die "Pain at the Pump" sein, der Schmerz der US-Bürger angesichts erneut steigender Benzinpreise. Als Therapie verspricht Gingrich eine "Energieunabhängigkeit" vom Nahen Osten durch Pipelines aus Kanada, Bohrungen vor den Küsten und Ausnutzung aller heimischen Ressourcen. Mancher Wähler mag sich daran erinnern, dass seit Dwight D. Eisenhower kein Präsidentschaftskandidat ohne die Verheißung eben dieser Energieunabhängigkeit angetreten ist - zuletzt Obama 2008. Dennoch ist die Abhängigkeit der USA von Energieimporten ständig gestiegen.

Gingrich mögen Ideen und Kampfgeist nicht ausgehen. Aber seine Wahlkampfkasse ist weitgehend erschöpft, und sein miserables Abschneiden am Dienstag außerhalb Georgias dürfte kaum neue Finanziers auf den Plan rufen. Sollte sich Gingrich mittelfristig doch zum Rückzug gezwungen sehen, würden viele seiner Wähler wohl zu Santorum überlaufen.

Das macht die weitere Entwicklung für Romney gefährlich. Denn beispielsweise in Ohio, wo Romney mit 38 zu 37 Prozent um Haaresbreite vor Santorum siegte, konnte der drittplatzierte Gingrich immerhin knapp 15 Prozent verbuchen. Es bedarf keines langen Rätselns, wer dieses wichtige Rennen gewonnen hätte, wenn Gingrich vorher ausgestiegen wäre.

Bedrückend aus Sicht Romneys muss auch sein, dass der Katholik Santorum in Ohio 37 Prozent der "Unabhängigen" auf seine Seite zog. Von diesen Wechselwählern entschieden sich lediglich 31 Prozent für Romney.

Damit greift Santorum von zwei Seiten an: Die konservativen Stammwähler überzeugt er mit seiner glaubhaften Forderung nach einem Abtreibungsverbot und seinem Widerstand gegen Homo-Ehen. Wechselwähler sehen in ihm hingegen den überzeugenderen Kämpfer gegen die weiterhin ausgesprochen umstrittene Gesundheitsreform Obamas. Zwar verspricht auch Romney regelmäßig, er werde am ersten Tag im Amt "Obamacare" abschaffen - aber Santorum erinnert seine Anhänger ebenso regelmäßig daran, dass der Gouverneur Romney in Massachusetts eine Gesundheitsreform implementierte, die vom Weißen Haus immer wieder und zweifellos mit giftigen Hintergedanken als Vorbild für das eigene Modell gerühmt wird.

+++ US-Wahlkampf: Milliarden machen den Präsidenten +++

51 Prozent der Republikaner-Wähler sagen in Umfragen, sie seien zufrieden mit den derzeitigen Kandidaten. Aber 46 Prozent sind weiterhin unzufrieden. Es gab noch nie einen derart schmerzlich langen Vorwahlprozess in der Grand Old Party. Kein Wunder, dass da tragische Hoffnungsträger der Vergangenheit zurückkehren. Sarah Palin, die Ex-Gouverneurin von Alaska und Vizepräsidentschaftskandidatin John McCains im Jahr 2008, wurde gefragt, ob sie sich eine verspätete Kandidatur vorstellen könne. Ja, antwortete Palin, wenn es bis zur National Convention im August keine Entscheidung gebe, sei "alles möglich". Sie wolle jedenfalls zum Parteitag reisen, und in Alaska habe sie für Gingrich gestimmt - also für einen Kandidaten, der in Tampa sicher keine Rolle mehr spielen wird.

Palin hat viel zu wenig Rückhalt in der Partei, als das sie noch einmal ernsthaft ins Rennen eingreifen könnte. Aber am konservativen Flügel genießt sie noch genügend Ansehen, um das republikanische Seelenleben in zusätzliche Konfusion zu treiben. Romney hilft diese Suche nach jeder denkbaren Alternative zu ihm jedenfalls nicht. Nach nahezu allen aktuellen Umfragen würde Titelverteidiger Obama sowohl gegen einen Herausforderer Romney als auch gegen Santorum gewinnen. Nur eine Erhebung von "USA Today" und Gallup von Mitte Februar sah den Präsidenten mit Romney gleichauf (je 47 Prozent) und gar um drei Prozentpunkte hinter Santorum (46 zu 49). Im Weißen Haus freut man sich darum auf weitere Runden im republikanischen Ring, bei denen kräftig ausgeteilt wird, aber keiner der Kandidaten zu Boden geht.