Die Eurogruppe will Athen dazu bringen, selbst seine Schulden bedienen zu können. Grundsätzliche Einigung über neues Sparprogramm.

Athen/Brüssel. Die Eurogruppe hat Griechenland ein letztes Ultimatum zur Umsetzung der Sparbeschlüsse gesetzt. Bis zum kommenden Mittwoch müsse Athen noch drei Bedingungen erfüllen, ohne die kein grünes Licht für ein neues Rettungspaket gegeben werde, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker nach Beratungen der Finanzminister am Donnerstagabend in Brüssel: Das Parlament muss die neuen Spargesetze am Sonntag verabschieden. Die drei großen Parteien müssen das Abkommen unterschreiben. Und darüber hinaus muss eine weitere Finanzierungslücke von 325 Millionen Euro durch nachhaltige Reformen geschlossen werden.

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Juncker stellte klar, dass es „vor der Umsetzung keine Auszahlung gibt“. Sollten die Bedingungen erfüllt werden, dann könne bei einem weiteren Eurogruppentreffen am kommenden Mittwoch zunächst das grüne Licht für den Schuldenerlass durch die Privatgläubiger gegeben werden. Das Abkommen ist bereits mit den Banken und Fonds vorbereitet, es sieht eine Verringerung der griechischen Schulden um 100 Milliarden Euro vor. Die solventen Euroländer schießen 30 Milliarden Euro zu dem Schuldenschnitt zu. Nach dem Segen der Eurogruppe müssten der Bundestag und die anderen nationalen Parlamente den Deal noch bestätigen. Mitte kommender Woche gilt als letztmögliche Frist, damit die Operation rechtzeitig gelingen kann. Ohne Schuldenschnitt würde Athen am 20. März in die Pleite stürzen.

Eine eindeutige Zusage für das zweite Rettungspaket im Volumen von 100 Milliarden Euro, das die Hellenen zusätzlich zum Schuldenerlass des Privatsektors brauchen, gaben die Finanzminister am Donnerstag nicht. Juncker sagte lediglich, die Vereinbarung der griechischen Koalition vom Donnerstag, die Sparbedingungen der Troika zu erfüllen, „könnte die Grundlage für ein Nachfolgeprogramm bieten.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zu Beginn der Sitzung erklärt, es müsse „noch weitergearbeitet werden“.

Damit das neue Programm – anders als das erste – auch tatsächlich umgesetzt wird, wird die Aufsicht über die griechischen Behörden verschärft. Dazu gehört auch die Einrichtung eines Sperrkontos, für das sich Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatschef Nicolas Sarkozy stark gemacht haben: „Das wird von der EU-Kommission und der Arbeitsgruppe der Finanzminister ernsthaft erwogen“, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Bis zum Mittwoch werde ein genauer Vorschlag vorgelegt.

Das Land müsse „institutionell in die Lage versetzt werden, seine Schulden zu bedienen“, sagte Juncker. Das heißt nichts anderes, als das Athen über das Geld auf dem Konto nicht länger frei verfügen kann. Den von Deutschland geforderten Sparkommissar mit Vetorecht über den Haushalt wird es zwar nicht geben. Zumindest aus Sicht der Kommission müsse Griechenland Herr über das Programm bleiben, sagte Kommissar Rehn. Aber bei der Aufsicht und Unterstützung der Programmumsetzung sollen die Kommission und der Internationale Währungsfonds.

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Allerdings wird der Druck in der griechischen Bevölkerung immer größer. Die Gewerkschaften hatten für Freitag und Samstag zu einem weiteren Generalstreik aufgerufen. Und auch für Sonntag sind Demonstrationen angekündigt, wenn die Entscheidungen im Parlament anstehen. „Leider haben wir nur die Wahl, Opfer zu bringen oder noch größere Opfer zu bringen“, sagte Venizelos. „Die Zeit von Populismus und Illusionen ist vorbei.“

Griechenland hatte nach tagelangen Verhandlungen am Donnerstag dem von EU und IWF geforderten Spar- und Reformprogramm zugestimmt. Es ist Bedingung für das zweite Kreditpaket für Griechenland, das bisher 130 Milliarden Euro öffentlicher Finanzhilfen vorsieht.

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Drastische Kürzungen von Mindestlohn und Arbeitslosengeld, vorerst keine Gehaltssteigerungen in der Privatwirtschaft und Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten, 15.000 davon noch in diesem Jahr - auf die Griechen kommt ein neues hartes Sparprogramm zu. In einem 13-stündigen Verhandlungsmarathon einigte sich Ministerpräsident Lucas Papademos mit den Vorsitzenden der Parteien, die seine Regierung stützen, auf weitere Einschnitte, um die Staatspleite vorerst abzuwenden. Bis zum Jahr 2015 soll der Staat nun 14 Milliarden Euro einsparen, allein dieses Jahr sollen es 3,1 Milliarden Euro sein.

Die Kommunistische Partei ruft bereits zu einem Aufstand gegen die Regierung auf. Andere marxistische und linksgerichtete Parteien wollen sie gleich ganz stürzen. Der politische Staatssekretär im Arbeitsministerium trat aus Protest gegen die harten Kürzungen zurück.

Am Donnerstag veröffentlichte Zahlen belegen das Ausmaß der Not in der Bevölkerung: Demnach kletterte die Arbeitslosenquote im November auf den Rekordwert von 20,9 Prozent. Jeder fünfte Grieche ist arbeitslos - so viele wie noch nie. Besonders schlimm sieht es bei den Jüngeren aus: Fast die Hälfte der 15- bis 24-Jährigen hat keinen Job. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2008 vor der Zuspitzung der griechischen Schuldenkrise und dem Niedergang der Wirtschaft. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit im Land etwa doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Euro-Länder. Düster sieht es auch für die Konjunkturentwicklung aus. Die griechische Industrieproduktion fiel im Dezember um 11,3 Prozent. Damit beschleunigte sich der Rückgang deutlich.

Mit der grundsätzlichen Einigung auf das Sparpaket nach einem tagelangen Poker und mehrfach angekündigten "entscheidenden" Sitzungen, die dann doch nicht stattfanden, nahm die Regierung eine wichtige Hürde für weitere Finanzhilfen über 130 Milliarden Euro von Europäischer Union und IWF. Offiziell bestätigen konnte das Büro des Regierungschefs in Athen die Einigung allerdings erst eine Stunde nachdem EZB-Präsident Mario Draghi sie in Frankfurt verkündet hatte.

Mit Material von rtr und dapd