Neun Menschen sind bei der Erstürmung der Gaza-Flotte getötete worden. Aufgeben wollen die Aktivisten jedoch nicht. Sie planen neue Aktionen.

Der Morgen des 31. Mai hat die Bewegung Free Gaza mit einem Schlag weltweit bekannt gemacht. Der Preis war allerdings hoch: Bei einer israelischen Kommandoaktion gegen einen Gaza-Schiffskonvoi der Bewegung wurden neun Aktivisten getötet.

Trotz des blutigen Militäreinsatzes gegen den internationalen Konvoi sollen schon bald neue Hilfsschiffe Kurs auf den Gazastreifen nehmen. Das kündigte die islamisch-türkische Hilfsorganisation IHH am Donnerstag an. „Wir machen weiter, bis das Embargo aufgehoben ist“, sagte der IHH-Vorsitzende Bülent Yildrim in Istanbul.

Der Gazastreifen gilt als das am dichtest besiedelte Gebiet der Welt: 1,5 Millionen Menschen leben auf 362 Quadratkilometern. Seit 2006 hat Israel das Palästinensergebiet abgeriegelt und nach der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas die Blockade im Juni 2007 noch verschärft.

Der Free-Gaza-Bewegung gehe es nach eigenen Angaben darum, die Blockade des Gazastreifens, „der einem Gefängnis gleicht“, stärker in die internationale Aufmerksamkeit zu bringen. „Statt darauf zu warten, dass die Welt handelt, werden wir selbst nach Gaza gehen und die Belagerung Gazas auf die Probe stellen.“ Der Bewegung, die sich der Gewaltlosigkeit verschrieben hat, gehören pro-palästinensische Menschenrechtsgruppen an. Sie wird von Prominenten wie der nordirischen Friedensnobelpreisträgerin Meiread Maguire und dem jüdischen US-Intellektuellen Noam Chomsky unterstützt.

Auch Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Israel auf, die Blockade des Palästinensergebiets sofort aufzuheben. Sie „ist kontraproduktiv, nicht nachhaltig und unrecht“, sagte Ban in New York.

Unterdessen ging die Auslieferung der Aktivisten, die nach der Erstürmung der Gaza-Flotte festgenommen worden waren weiter. Türkische Flugzeuge brachten 466 der Freigelassenen – unter ihnen sechs Deutsche – nach Istanbul. An Bord waren auch die Leichen der neun bei dem Zwischenfall am Montag getöteten Männer. In Athen trafen in der Nacht 35 freigelassene Gaza-Aktivisten ein.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bestätigte die Freilassung der deutschen Aktivisten. Fünf Bundesbürger hielten sich in Istanbul auf, sagte Westerwelle am Donnerstag. Der bei dem israelischen Einsatz gegen die Hilfsflotte verletzte Deutsche sei in ein Krankenhaus in Ankara gebracht worden. Westerwelle forderte eine transparente und unabhängige Untersuchung des Vorfalls. Dagegen sprach sich der israelische Außenminister Avigdor Lieberman gegen eine internationale Untersuchung der blutigen Erstürmung der Gaza-„Solidaritätsflotte“ aus. „Wir sind erwachsen genug, um damit selbst klarzukommen“, sagte der ultra-rechte Minister.

Nach der Rückkehr der Gaza-Aktivisten mehren sich die Berichte über ein brutales Vorgehen der israelischen Soldaten bei der Erstürmung der Hilfsflotte. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Donnerstag unter Berufung auf Rechtsmediziner in Istanbul, die Opfer seien erschossen worden, eines von ihnen aus kurzer Distanz.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, dass gegen die Verantwortlichen des israelischen Angriffs auf die Gaza-Hilfsflotte Strafanzeige gestellt werde. „Wir werden das nicht auf sich beruhen lassen“, sagte Erdogan am Donnerstag. Die neun bei dem israelischen Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte getöteten Männer wurden inzwischen identifiziert. Acht von ihnen stammen aus der Türkei, einer ist türkischstämmiger US-Bürger.

Einer der Aktivisten der Gaza-„Solidaritätsflotte“ wünschte sich in einem Interview vor der blutigen Stürmung durch die israelische Marine einen Märtyrertod. Die israelische Armee veröffentlichte am Donnerstag auf dem Videoportal YouTube die Äußerungen des Mannes. „Als ich bei dem ersten Konvoi dabei war, wollte ich ein Schahid (Märtyrer) sein, aber ich hatte nicht das Glück“, sagte der Mann mit kurz geschorenem Haar, bei dem es sich nach Angaben der Armee um einen Aktivisten der Gaza-Flotte handelte. Auch beim zweiten Mal habe es nicht geklappt. „Beim dritten Mal werde ich mit Gottes Hilfe Glück haben und Märtyrer werden.“