“Die Elite ist tot“: Katastrophe von Smolensk kostet 97 führende Köpfe des Landes das Leben - dramatische Folgen für die Innenpolitik.

Warschau/Hamburg. Der Flugzeugabsturz von Smolensk hat ein ganzes Land in Trauer gestürzt. Zehntausende Polen gedachten gestern der 97 Todesopfer des Unglücks im Westen Russlands, bei dem Staatsoberhaupt Lech Kaczynski und seine Frau Maria sowie führende Mitglieder aus Regierung und Militär ums Leben gekommen waren. "Die Elite unseres Landes ist tot", sagte der ehemalige Präsident Lech Walesa.

Die Menschen auf den Straßen von Warschau sangen die Nationalhymne: "Noch ist Polen nicht verloren". Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer "politischen und menschlichen Tragödie".

Polen und Russland vollzogen demonstrativ den Schulterschluss: Die Regierungschefs Donald Tusk und Wladimir Putin legten am Ort des Absturzes gemeinsam Blumen nieder. In Polen wurde eine einwöchige Staatstrauer verkündet, Russland erklärte den heutigen Montag zum Staatstrauertag. Die Absturzstelle der Präsidentenmaschine vom Typ Tupolew TU-154 liegt nur wenige Kilometer entfernt von Katyn. Dort waren 1940 auf Befehl des sowjetischen Diktators Josef Stalin Zehntausende polnische Offiziere und Intellektuelle ermordet worden. Kaczynskis Delegation war auf dem Weg, um der Opfer zu gedenken. "Die moderne Welt hat noch nie eine solche Tragödie erlebt", sagte Polens Regierungschef Tusk.

Nach der Verfassung übernahm Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski die Amtsgeschäfte des Staatschefs. Spätestens bis zum 20. Juni muss jetzt ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden.

Auch der frühere Generalkonsul Polens in Hamburg, Andrzej Kremer, starb bei dem Unglück. Sein Nachfolger Andrzej Osiak sagte dem Abendblatt: "Als Beamter war er ein Vorbild, als Menschen habe ich ihn richtig gemocht." Die Trauer um die Opfer sei kaum mit Worten zu fassen. "Dieser Absturz ist ein schockierendes Erlebnis für alle Polen."